„Das Volk wird rumgeschubst“

■ Rechtsanwalt Zuck fordert ehrliches Verfahren und Entlastung

taz: Herr Zuck, ist es nicht frustrierend, als Spezialist für Verfassungsbeschwerden ständig in Karlsruhe zu verlieren?

Rüdiger Zuck: Ich bin das gewöhnt. Viel frustrierender ist das für meine Mandanten. Die setzen all ihre Hoffnung auf einen Spruch aus Karlsruhe und am Ende bekommen sie ein fast leeres Blatt mit der Mitteilung, daß ihre Verfassungsbeschwerde nicht angenommen wurde. Eine Begründung gibt es so gut wie nie.

Muß das Gericht entlastet werden?

Natürlich. Ich bin für ein freies Annahmeverfahren nach amerikanischem Vorbild. Dabei würden sich die Richter nur noch mit den Verfahren beschäftigen, die ihnen aus rechtlichen Gründen am Herzen liegen.

Und was bringt das ihren MandantInnen?

So ein Verfahren wäre wenigstens ehrlich. Heute wird der Bürger enttäuscht. Er denkt, er bekommt einen Superrechtsschutz, weil es dem Gericht um seinen Einzelfall gehe. Tatsächlich ist der Rechtsuchende aber nur noch Objekt des Verfahrens. Das Gericht prüft lediglich, ob sich an seinem konkreten Fall grundsätzliche Probleme klären lassen.

Ist das Recht auf die Verfassungsbeschwerde faktisch bereits abgeschafft?

Es steht nur noch auf dem Papier. Tatsächlich wird das Volk rumgeschubst und ist dem Gericht nicht mal mehr drei Zeilen wert.

Bräuchte man mehr RichterInnen?

Ich habe mich schon oft für einen dritten Senat ausgesprochen. Aber alle sind dagegen ...

... weil sich dann angeblich die Rechtsprechung der Senate nicht mehr koordinieren ließe.

Das ist doch ein Armutszeugnis. Der Bundesgerichtshof hat viel mehr Senate und da geht das auch.

Wie könnte man das Gericht noch entlasten?

Man müßte vor allem die Anwälte besser schulen. Viele sind nur einmal in ihrem Leben mit dem Verfassungsgericht befaßt und machen dann viele Fehler und dem Gericht unnötige Arbeit. Interview: Christian Rath