: Das Tor zur Armut
Aus für Schüler-Essen und Freibad in Neugraben: GATE schließt Projekte, weil Wirtschaftsbehörde und Arbeitsamt nichts mehr zahlen, was dem Stadtteil nützt
Weil in der Arbeitsmarktpolitik nur noch Zahlen zählen, haben die Menschen in Neugraben in diesem Sommer kein Freibad mehr. Denn das wird vom Harburger Beschäftigungsträger GATE betrieben, und der Leiter des Bades war bisher eine ABM-Kraft. Allein im vergangenen Jahr kamen 16.000 Badegäste, 14.000 davon waren Kinder aus der Region.
Nun aber haben Wirtschaftsbehörde und Arbeitsamt bei GATE ein Drittel der öffentlich geförderten Stellen gestrichen. Statt bisher 246 wurden nur noch 166 ABM/SAM-Stellen gebilligt. Hinzu kommt, dass es keine Zuwendungen an die Träger mehr gibt, sondern nur noch „Fallkostenpauschalen“. Pro Kopf gibt es 11.000 Euro. Für manche Träger ist das viel, für GATE ist es wenig. Denn der Träger arbeitet stadtteilorientiert und damit dezentral. Das erfordert eine verstärkte Infrastruktur, die von den Pauschalen mitbezahlt werden muss. Ebenso wie das Gehalt des Mitarbeiters sowie die Verwaltung.
Unter diesen Voraussetzungen sieht der Träger sich gezwungen, neben dem Freibad noch weitere Betriebe zu schließen: das Sekretariat Dulsberg zum 31. März, den Bürgerservice in Kirchdorf-Süd und Neuwiedenthal und das Dienstleistungszentrum Neuwiedenthal zum 15. März. Das Projekt KochKunst, das Schulen in der Region mit Frühstück und Mittagessen versorgt hat, soll bis Ende des Jahres eingestellt werden.
Und in der Verwaltung will GATE 15 von 28 Stellen abbauen: Elf MitarbeiterInnen werden entlassen, vier Stellen nicht verlängert. „Wir können die dezentrale Struktur nicht mehr bezahlen. Wir haben immer Arbeitsmarktpolitik mit Stadtteilentwicklung verknüft, aber das ist nicht mehr gefragt“, sagt GATE-Geschäftsführerin Gisela Beck. Zwar würde die Wirtschaftsbehörde nicht vorschreiben, welche Projekte geschlossen werden, aber „man zwingt uns in Entscheidungen, die wir nicht wollen“.
Einige der 16 Betriebe gehen Kooperationen mit anderen Trägern ein, das Laurens-Janssen-Haus in Kirchdorf-Süd, das Dienstleistungszentrum Harburg und der Betrieb Quartierspflege/Hausbetreuung Kirchdorf-Süd bleiben erhalten. Sie sollen eventuell mit anderen Trägern unter dem Dach der Diakonie fusionieren.
Holger Stuhlmann, Jugend- und Sozialdezernent im Bezirk Harburg sagt: „Wir sind von der jetzigen Entwicklung völlig überrascht worden.“ Der Bezirk sucht jetzt nach anderen Geldgebern, die beispielsweise das Freibad weiterführen wollen. Und Landespastorin Annegrethe Stoltenberg warnt: „Das Zukunftsproblem der strukturellen Arbeitslosigkeit wird geleugnet.“ Die Diakonie werde weiterhin dafür kämpfen, so Stoltenberg, „dass auch schwer vermittelbare Menschen eine Chance bekommen“.
SANDRA WILSDORF