Das Streitgespräch: „Als ob es darauf ankäme!“
■ Was soll man tragen in diesen Tagen? Ist weniger mehr?
taz: Frau Kaiser, Sie sitzen mir hier im Rollkragenpullover gegenüber. Sie, Frau Rönneburg, tragen lediglich ein Achselhemdchen. Sie beide behaupten, damit derzeit optimal gekleidet zu sein. Frau Kaiser, finden Sie Ihr Wärmebedürfnis wirklich jahreszeitgemäß?
Frau Kaiser: Jahreszeit? Wieso Jahreszeit? So ein läppisches Achselhemdchen ist zu keiner Jahreszeit adäquat. Ich habe gern viel an.
Frau Rönneburg: Ich nicht.
Frau Kaiser: Wie Sie sehen, ist die Kunst, gekonnt wenig anzuhaben, in Deutschland ohnehin rar gesät. Gell, Frau Rönneburg? Was ist das übrigens für ein widerliches Muttermal an ihrer Schulter?
Frau Rönneburg: Das ist kein Muttermal, das ist die Telefonnummer der Altkleidersammlung. Habe ich extra für Sie dabei. So.
Aber meine Damen! Worüber sprechen wir denn hier eigentlich?
Frau Kaiser: Darüber, daß ich gern viel anhabe. Und die da nicht.
Frau Rönneburg: Genau. Wollen wir jetzt einmal Argumente austauschen, um dieses unselige Gespräch auf eine andere Ebene zu bringen?
Frau Kaiser: Ich finde, diese Ebene bewährt sich im Moment sehr.
Frau Rönneburg: Ich habe gerne wenig an, weil man dann viel leichter ist.
Frau Kaiser: Leichtigkeit, was ist das schon? Als ob es darauf ankäme!
Frau Rönneburg: Tut es aber.
Frau Kaiser: Nein.
Frau Rönneburg: Wohl!
Frau Kaiser, Frau Rönneburg, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Gesprächsmoderation: Barbara Häusler
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