: Das Straßenbild
Die Reklamerezension. Heute: Fly, Robin, fly!
Bei uns in der Agentur ist zurzeit schier die Hölle los: Alle wollen plötzlich fliegen! Und dann diese medial aufgeblasene Suche nach der „undichten Stelle“. Pfff, das „Leck“, das sind natürlich wir, das ist fast der wichtigste Teil unseres Serviceangebots! Ich will es mal so formulieren: Es kommt nicht zuletzt auf die Eleganz des Fliegens an. Wenn man geflogen ist, will man ja weiterleben, und zwar nicht schlecht. So ein Gestümpere wie im Fall Scharping, das hätten wir nie gemacht. Da hätten wir gleich gesagt: Herr Minister, bei aller Liebe, so plump können wir es nicht anstellen. Das fällt ja womöglich auf uns selbst zurück. Da kriegen wir ja nie wieder Klienten aus Regierungskreisen. Wir haben schließlich auch einen Ruf zu verlieren!
Wie? Den Gysi? Ja klar, den haben wir betreut. Zugegeben, das war eine Notlösung. Der hatte keine Puste mehr. Den haben wir als Trittbrettfahrer an Özdemir drangehängt. Gysi war schon länger Klient, jammerte immer rum, das Amt des Wirtschaftssenators sei so unsozialistisch wie das des Frauensenators unsexy. Okay, das mit den Bonusmeilen war nicht originell. Aber wir mussten schnell zugreifen. Der Rezzo lag doch schon auf der Lauer. Wir von der Condor („Chefrücktritte Ohne Nennenswerte Demütigungen Oder Rufverlust“) haben eine eherne Regel: Nie mehr als zwei Rücktritte aus demselben Grund! Wer fliegt, sollte exklusiv fliegen. Wenn Sie mich fragen: Das aktuelle Sonderangebot unserer Kollegen von der Lufthansa („Legislative Unterbrechung Für Termingestresste Hedonisten, Amtsmüde Notabeln, Sinnsuchende Abgeordnete“) ist richtig niveaulos. Fliegen für 55 Euro? Das kann wirklich nur das Basispaket „Rücktritt wg. Bonusmeilen“ sein! Wer will heute noch so fliegen? RKR
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
