Das Rennen der Demokraten: Der Clinton-Obama-Krimi

Sie gewinnt die großen Staaten, er die meisten: Hillary Clinton und Barack Obama liefern sich ein packendes Duell - und eine Entscheidung über die Kandidatur ist noch lange nicht gefallen.

Erster Sieg, erster Jubel: Barack Obama (46) liegt in Virginia klar vor. Bild: dpa

WASHINGTON taz Als hätten es Hillary Clinton und Barack Obama geahnt: Die Konkurrenten um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten prophezeiten beide, dass sie beim "Super Tuesday" noch nicht mit einer Entscheidung rechnen, wer denn nun auf dem Parteitag Ende August endgültig für das Rennen um das Weiße Haus nominiert wird. "Ich denke nicht, dass es heute eine Entscheidung gibt", sagte Obama in einem Fernsehinterview am Dienstag, noch bevor die Wahllokale schlossen. Und Hillary Clinton meinte: "Wir raten herum, was das alles bedeuten wird, weil es so etwas ja noch nie gab."

Und tatsächlich spricht alles für ein Patt zwischen den beiden Demokraten, dem schwarzen Senator und der weißen Ex-Präsidentengattin: Obama hat die Wahlen in Alabama, Connecticut, Delaware, Georgia, Idaho, Kansas, Missouri, Colorado, Alaska, Minnesota, North Dakota, Utah und auch in seinem Heimatstaat Illinois gewonnen. Clinton dagegen gewann in Oklahoma, Tennessee, Arizona, Arkansas sowie in den großen Bundesstaaten New Jersey, Massachussetts, Kalifornien und ihrem Heimatstaat New York. Es steht also 13:8 für Obama - wobei Clinton in den großen Ostküstenstaaten vorne liegt. Und natürlich in Kalifornien, dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat in den USA und deshalb der Staat mit den meisten zu vergebenden Delegierten. Allerdings: Anders als bei den Republikanern, bei denen die Delegierten in fast allen Staaten nach dem "Winner Takes It all"-Prinzip vergeben werden, gilt bei den Demokraten das Proporzprinzip. Clinton hielt bei der Anzahl der Delegierten für den Nominierungsparteitag im August deshalb weiterhin ihre kleine Führung: Sie hat bislang mindestens 626, Obama 531 Delegiertenstimmen gewonnen. Für die Nominierung sind mindestens 2.025 Stimmen erforderlich.

Die Wahllokale an der Westküste waren noch nicht geschlossen, da trat Clinton als erste der Konkurrenten in New York vor die Kamera. Mit heiserer Stimme, vor jubelnden Anhängern. Sie bedankte sich bei ihren Wählern, bei Ehemann Bill und Tochter Chelsea - und gratulierte auch Obama. Und sie sagte ihre Botschaften: "Heute ist Amerikas Nacht", erklärte sie. Die Wähler hätten in Rekordzahlen für eine Erneuerung des Landes gestimmt. "Zusammen werden wir Amerika auf den richtigen Weg zurückbringen. Das ist für mich eine Lebensaufgabe", versprach Clinton. Und die 60-Jährige betonte: "Ich bin fähig, das Präsidentenamt vom ersten Tag an kompetent auszuüben."

Auch Obama gratulierte Clinton bei seiner Rede in Chicago. Und auch er machte seinen Anspruch auf die Kanididatur gegen die Republikaner für das Weiße Haus. "Unsere Zeit ist gekommen", rief er seinen Anhängern zu, "unsere Bewegung ist Wirklichkeit geworden - und Amerika wird sich verändern".

Noch am Dienstag selbst eilten die Bewerber von einem Auftritt zum nächsten und gaben TV-Interviews, um unentschlossene Wähler in letzter Minute auf ihre Seite zu ziehen. Jüngsten Erhebungen zufolge lag Clinton landesweit bei 45 Prozent, Obama nur hauchdünn dahinter. Der Senator aus Illinois hatte den Abstand zu seiner Rivalin in den vergangenen beiden Wochen stetig verringert. Clinton und Obama wollen bei unklarem Ausgang bis zur offiziellen Nominierung beim Parteitag Ende August in Denver (US-Staat Colorado) weiterkämpfen. Bereits in einer Woche stehen weitere Vorwahlen in Virginia und Maryland an.

Obama holte wie zuvor in South Carolina die überwältigende Mehrheit der Schwarzen: 90 Prozent der Afroamerikaner stimmten für den Illinois-Senator, nur 10 Prozent für Clinton. Unter weißen Wählern dagegen lag Clinton vorn. Allerdings nur knapp: Obama holte im Vergleich zu den Vorwahlen in South Carolina weit mehr weiße Stimmen. Und: Wie bei den Vorwahlen zuvor lag Obama bei den jungen Wählern weit vor Clinton. Clinton dagegen liegt bei Frauen und vor allem bei den Hispanics vor Obama.

Weder Clinton noch Obama konnten sich also - anders als John McCain bei den Republikanern - durchsetzen. Jetzt kann sich das Kandidatenrennen sogar noch bis zum Juni ziehen - bis die letzte Vorwahl vorüber ist. Und auch dann kann es eine Situation geben, die es bei den Demokraten seit einem halben Jahrhundert nicht mehr gab: eine Kampfabstimmung auf dem Parteitag Ende August.

Neben den gewählten Delegierten gibt es bei den Demokraten nämlich noch sogenannte Superdelegierte: Das sind amtierende oder ehemalige Amtsinhaber oder Funktionsträger der Partei, die bestimmt werden - aber nicht festgelegt sind in ihrem Abstimmungsverhalten. Sie müssen also nicht so abstimmen, wie es die Wähler in ihrem Heimat-Bundesstaat getan haben. Das sind alles noch Unwägbarkeiten für beide Kandidaten und die Partei. Eines aber ist sicher - und da braucht es keine Prophezeiung: Bill Clinton wird für Hillary stimmen. Denn auch er ist Superdelegierter.

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