■ Das Portrait: Ilse Stiewitt
Ilse Stiewitt (SPD) wirkte bisher eher im verborgenen. Dabei ist sie bestimmt eine resolute Frau. Die neue hessische Frauenministerin war immerhin eine von bisher gerade zwei Frauen, die es in der Bundesrepublik zur Regierungspräsidentin brachten. Seit 1992 leitete sie in Kassel eine Behörde mit 1.200 Menschen. Da wird sie sich sicher die Verwaltungserfahrung erworben haben, die es braucht, um nicht, wie ihre intellektuelle Vorgängerin Heide Pfarr, an den eigenen Dienstvorschriften zu scheitern.
Ilse Stiewitt bringt auch andere Qualitäten mit. Sie kennt die Härten ihrer eigenen Partei. In Bonn war sie kurze Zeit Büroleiterin von Peter Glotz, der herben Ruhrgebiets-SPD diente sie als Stadtentwicklungsplanerin in Duisburg und als Referentin im Umweltministerium. 1987 wechselte die diplomierte Sozialwirtin als Stadträtin nach Herne. Sie selber sagte zu ihrer überraschenden, einstimmigen Wahl zur Frauenministerin vorsichtshalber gleich, sie sei „eine Pragmatikerin“ und keine Feministin“. Kenner vermuten, daß sie es gelernt hat, nicht mit offenem Visier, sondern eher beharrlich und verbindlich zu streiten. In „Sach- und Fachfragen“, kündigte sie an, sei sie durchaus „bereit zu kämpfen“. Auf ihrem Schreibtisch wird sie jedenfalls bei Amtsantritt im Juni den auch in der SPD und in allen Amtsstuben des Landes von Männern heftig gefürchteten Entwurf des „Gleichberechtigungsgesetzes“ für den öffentlichen Dienst vorfinden, der im Kabinett noch beschlossen werden muß. Den habe sie, so läßt Ilse Stiewitt verlauten, „noch nicht bis zum letzten Komma“ im Kopf.
Foto: taz-Archiv
Ministerpräsident Eichel nannte Stiewitt seine „erste Wahl“. Insider wissen, daß er sich auch noch anderweitig umgesehen hat, sich aber kurzfristig einige Absagen einhandelte. Währenddessen setzen hessische Feministinnen vorerst darauf, daß „die Neue“ immerhin Erfahrung darin hat, sich gegenüber widerborstigen Männern durchzusetzen und deren offene und versteckte Sperren ausdauernd zu unterlaufen. Außerdem hoffen sie, daß das Betriebsklima im Frauen- und Arbeitsministerium besser wird, das unter dem schlingernden Führungsstil von Heide Pfarr gelitten hatte. Andere ahnen: „Die sieht aus, als ob sie den Schwerpunkt mehr auf Arbeit als auf Frauen legt.“ Heide Platen
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