■ Das Portrait: Erika Reihlen
Ihre Gesichtszüge wirken angespannt. Das Jackett in knalligem Pink lenkt ab vom feingliedrigen, schmalen Gesicht. Regungslos harrt sie des Eröffnungsgottesdienstes am Münchener Marienplatz. Nur bei einem rhythmischen Lied wippt sie motorisch mit der Schuhspitze mit.
Foto: Schneider/octopus
Erika Reihlen, Präsidentin des evangelischen Kirchentags in München, spart – mit Worten und Gefühlsregungen. Als sie nüchtern sagt: „Ich eröffne hiermit den 25. Evangelischen Kirchentag“, läßt sich ein Lächeln höchstens erahnen. Konzentriert auf den Punkt kommen liegt ihr offenbar mehr als theologischer Pathos. „Handfest und irdisch“ findet sie die diesjährige Losung „Nehmet einander an“, und so spricht die 56jährige auch darüber. Wenn sie vom Christsein redet, dann immer auch vom verantwortlichen politischen Handeln. Wenn sie sich in der Kirche engagiere, dann auch in der Politik.
Da spielt sicher eine Rolle, daß sie nie in einem Theologieseminar gesessen hat, sondern Zahnmedizin studierte. Der Kontakt zur Kirche ist über die Familie da: Der Großvater war Pfarrer, ihr Ehemann ist Präses der Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg.
Seit 1976 arbeitet die Mutter von drei Kindern als Jugendzahnärztin beim Berliner Gesundheitsamt. Zehn Jahre lang leitete sie den „Markt der Möglichkeiten“, die Begleitveranstaltung des Kirchentages. Man bescheinigt ihr beste Kenntisse der Kirchentagsmaschinerie und großes theologisches Wissen. Als Ärztin im Gesundheitsamt ist sie direkt mit den Problemen von Ausländern konfrontiert, als Berlinerin mit der Ost-West-Thematik. Sie setzte diese Schwerpunkte durch. Ebenso sind ihr die diesmal stärker vertretenen Frauenthemen zuzuschreiben, auch wenn sie das als selbstverständlich abtut. Gefragt, ob dies mit ihrer Biographie einer vollbeschäftigten, berufstätigen Mutter zusammenhänge, weicht sie aus: Seit den 70er Jahren seien Frauenfragen beim Kirchentag vertreten. Auch daß sie erst die zweite Kirchentagspräsidentin ist, erwähnt sie nicht. Und bei der Eröffnungsrede auf dem Münchner Marienplatz fällt ihr eher zufällig ein: „Nehmen Sie die Politiker ruhig ran – ach ja, die Politikerinnen natürlich auch.“ Corinna Emundts
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