■ Das Portrait: Hans Blix
Seit er bei der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl von einem Fettnäpfchen ins andere getreten ist, ist wieder einiges Gras nachgewachsen. Darum kann wieder alles beim alten bleiben. Die Internationale Atomenergie Organisation (IAEO) hat gestern ihren neuen alten Generaldirektor gewählt. An der Spitze des Atom-Kontrollorgans sitzt für die nächsten vier Jahre wieder der ehemalige schwedische Außenminister Hans Blix. Und obwohl bei seiner Erstwahl 1981 bereits beschlossen wurde, daß sein Nachfolger aus einem Dritte-Welt- Land stammen sollte, geht Blix nun also in die vierte Amtsperiode.
Hans Blix, 1928 in Uppsala geboren, übernahm vor 12 Jahren den Generaldirektorensessel der IAEO von seinem Landsmann Sigvard Eklund. Davor hatte sich der Jurist als Präsident des Internationalen Friedensforschungsinstituts in Stockholm (SIPRI) einen Namen gemacht und gilt in seinen Kreisen als geschickter Taktierer, der zwischen den Ländergruppen zu vermitteln weiß. Bei Atomenergie-Skeptikern hingegen hat er sich seit Tschernobyl den Ruf als besonders tüchtiger Abwiegler eingetragen. Alles im Griff und kein Grund zur Panik, ließ er die Weltöffentlichkeit 1986 als Ergebnis seiner Besichtigungstour zwei Wochen nach der Reaktorkatastrophe wissen. Auch 1992 noch konnte ihn das Wissen um die
Neuer alter IAEO-Direktor Foto: Reuter
fast 60 osteuropäischen Risiko-AKWs nicht aus der Fassung bringen: Diese Reaktoren vom Tschernobyl- Typ fahren sich wie ein wirklich altes Auto, beruhigte er sein skandinavisches Publikum noch kurz vor dem Stillstand im bulgarischen AKW Kosloduj. Ein 1928er Ford sei noch lange tauglich, wenn er vernünftig gewartet und langsam gefahren werde. Nicht der erste Vergleich des IAEO-Generals, der hinkt.
In letzter Zeit wurde es ruhiger um Hans Blix. Beim Abschluß des Atomsperrvertrages hielt er sich im Hintergrund. Nach dem Krieg im Irak konnten unter seiner Ägide sogar die Kontrollmechanismen der Atombehörde verschärft werden, um zu verhindern, daß Kernmaterial von zivilen zu militärischen Zwecken abgezweigt werden. Deswegen muß sich der IAEO-Chef nun in jüngsten Auseinandersetzungen mit Nordkorea auch von der anderen Seite den Vorwurf der „Parteilichkeit“ gefallen lassen. Kein leichter Job für die nächsten vier Jahre. bf
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