■ Das Portrait: Lizzy Schmidt
Sie wußte, daß so etwas passieren könnte. Sie selbst hatte oft genug darüber berichtet. Die deutsche Journalistin Lizzy Schmidt, 35, ist am Sonntag in Irakisch-Kurdistan erschossen worden.
In den autonomen kurdischen Gebieten im Nordirak, wo Lizzy Schmidt seit 1992 lebte, kannte sie jeder. Vorher hatte sie in der Türkei gelebt, im kurdischen Diyarbakir. Sie berichtete über die Zerstörung kurdischer Dörfer durch die türkische Armee, war eine der ersten JournalistInnen, die sich der ständigen Angriffe auf die kurdische Bevölkerung annahm und dabei immer wieder auch auf die deutsche Verantwortung hinwies – sowohl im Irak als auch in der Türkei. Sie sprach mehrere kurdische Dialekte. 1992 wurde Lizzy Schmidt aus der Türkei ausgewiesen, ihre Berichterstattung hatte sie zur „unerwünschten Person“ werden lassen.
Lizzy Schmidt war bekannt, und sie kannte sich aus. Nicht zuletzt deshalb wohl war sie am Sonntag mit einer Reisegruppe unterwegs. Ihr Auto hatte eine Panne, Lizzy Schmidt und ihr Begleiter, der als Leibwächter fungierte, mußten umkehren. 30 Kilometer östlich von Suleimanija eröffneten Unbekannte das Feuer auf den Wagen – nur 300 Meter vor einem Kontrollpunkt nordirakisch-kurdischer Peschmerga entfernt. Lizzy Schmidt und ihr Begleiter wurden getötet. Wirklich gezielt auf die Journalistin könnten die Schüsse aber nicht gewesen sein, spekulieren Freunde, denn von der Panne, die Lizzy Schmidt zum Umkehren zwang, konnte niemand wissen. Allgemein gegen eine Ausländerin sei der Anschlag gerichtet gewesen, vermuten sie. Das Attentat sei ein „Zeichen für die völlige Rechtlosigkeit in den kurdischen Gebieten“, und genau das sei auch die Absicht.
Im Nordirak ermordet Foto: taz-Archiv
Die freie Journalistin war Mitarbeiterin der Nachrichtenagentur AFP. Daneben arbeitete sie für mehrere deutsche Medien, darunter die Frankfurter Rundschau und früher auch für die taz.
Auch in der Solidaritätsarbeit war Lizzy Schmidt eine Institution. Ob sie für medico international arbeitete oder als Journalistin Vertreibung und Mord dokumentierte – „wenn in Deutschland der Völkermord an den Kurden wieder in Vergessenheit zu geraten drohte, war es Lizzy Schmidt, die auf Friedensdemonstrationen und unzähligen Veranstaltungen Solidarität mit Kurdistan einforderte“, erinnert sich Angelika Beer vom Bundesvorstand der Grünen. Bernd Pickert
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