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■ Das PortraitFrançois de Grossouvre

Sein Leben lang war François Durand de Grossouvre diskret. Sein Aktionsfeld war der Hintergrund, manchmal auch der Untergrund. Er reiste inkognito, sondierte politische Terrains und bahnte Kontakte an, mit denen später andere an die Öffentlichkeit traten. Ein einziges – und zugleich letztes – Mal nur durchbrach de Grossouvre seine eherne Regel: mit seinem Selbstmord im französischen Präsidentenpalast.

Der Kopfschuß aus der Magnum, den sich der 76jährige am Donnerstag in seinem Büro im Elysée-Palast beibrachte, wirft ein Schlaglicht auf seine Beziehung zu Staatspräsident François Mitterrand. Die beiden Männer hatten sich in den fünfziger Jahren auf einer Chinareise kennengelernt und seither nicht mehr aus den Augen verloren. Der adelige Bankierssohn, Geschäftsmann, Landbesitzer und Arzt de Grossouvre hatte bereits eine lange Karriere in geheimen Missionen hinter sich. Während der deutschen Besatzung gehörte er dem obskuren „Service d'ordre légionnaire“ (SOL) an, dem bewaffneten Arm des Vichy- Regimes – eine Aktivität, die er später als „Infiltration“ bezeichnete. Gleichzeitig kämpfte er in der Résistance gegen die Deutschen.

Als Mitterrand 1981 in den Elysée-Palast einzog, nahm er seinen Freund mit. De Grossouvre pflegte die Kontakte in heikle Gebiete: in den Libanon, nach Libyen, nach Afghanistan und in die ehemaligen afrikanischen Kolonien. Dabei sprach er sich ausschließlich mit Mitterrand ab. Zum Bruch kam es Mitte der achtziger Jahre, als de Grossouvre den Staatspräsidenten vor finanziellen Machenschaften in seiner unmittelbaren Umgebung warnte. Seinen Posten als Präsidentenberater verlor de Grossouvre 1985, nicht jedoch sein Büro im Elysée-Palast. Dort blieb er – als Beauftragter der präsidentiellen Jagdkommission.

Selbstmord im Freundeskreis des Präsidenten Foto: Reuter

Vor wenigen Monaten sagte de Grossouvre vor einem französischen Untersuchungsrichter über das Zustandekommen eines dubiosen französisch-nordkoreanischen Vertrages aus, in das französische Sozialisten verwickelt sein sollen. Seit vergangenem Jahr machte de Grossouvre auch keinen Hehl mehr aus seiner Enttäuschung über den Politiker Mitterrand. „Ihn interessiert nur noch das Geld und der Tod“, sagte er Journalisten.

De Grossouvre, der eine Frau und sechs Kinder hinterläßt, wird heute im Beisein von Mitterrand beigesetzt. Dorothea Hahn

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