■ Das Portrait: Max Bill
Früher Abstrakter Foto: AP
Er war der „Mathematiker“ der abstrakten Kunst. Wie kein zweiter legte der gebürtige Schweizer Max Bill seinen Gemälden und Skulpturen ein logisch nachvollziehbares System zugrunde. Seine streng geometrischen, kristallin wirkenden Arbeiten lassen sich mit arithmetischen Rechenvorgängen vergleichen: „konstruktion aus der formel a2 + b2 = c2“ (1935/36), „kompression 4:3:2:1“ (1960) oder „rotation um weisse kerne“ (1971–72). Gemeinsam ist diesen Werken die Suche nach Klarheit einer allgemein gültigen, universellen Formensprache. Bill fand sein künstlerisches Esperanto im „reinen Ausdruck von harmonischem Maß und Gesetz“.
Max Bill wurde 1908 als Sohn eines Bahnbeamten in Winterthur geboren. An der Züricher Kunstgewerbeschule absolvierte er zunächst eine Lehre als Silberschmied, anschließend ging er an das Bauhaus nach Dessau. Drei Jahre darauf ließ er sich als Architekt in der Schweiz nieder. 1932 trat er der Pariser Künstlervereinigung Abstraction-Création um Theo van Doesburg, Naum Gabo und Georges Vantongerloo bei. Darüber hinaus profilierte er sich als Theoretiker und Publizist. 1951 gründete er mit Inge Scholl und Otl Aicher die Ulmer Hochschule für Gestaltung, von 1967 bis 1974 lehrte er an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg.
Für den Eidgenossen war die Absage an persönliche Handschrift eine Entscheidung, die einer Ethik gleichkam: „konkrete kunst ist in ihrer eigenart selbständig, sie ist der ausdruck des menschlichen geistes, für den menschlichen geist bestimmt, und sie sei von jener schärfe, eindeutigkeit und vollkommenheit, wie dies von werken des menschlichen geistes erwartet werden muß“, schrieb er 1949 im Katalog zur Ausstellung „Züricher Konkrete Kunst“. Von den wenigen Gebäuden, die Bill geplant hat, sind der kühne Entwurf der Ulmer Hochschule für Gestaltung (1951–1955) und das Studio von Radio Zürich (1964–1974) die bekanntesten.
In seinen letzten Lebensjahren wurde Bill mit Ehrungen überhäuft, er war Mitglied der französischen Légion d'Honneur und Ehrendoktor zahlreicher Hochschulen. 1987 hatte er als einer der ersten Westkünstler eine große Retrospektive in Weimar. Bill engagierte sich auch in der Politik. Von 1967 bis 1971 saß er als Abgeordneter im Schweizer Nationalrat. Kurz vor seinem 86. Geburtstag erlag Max Bill auf dem Berliner Flughafen einem Herzversagen. Ulrich Clewing
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