piwik no script img

■ Das PortraitRachid Mimouni

Algerischer Schriftsteller Foto: AP

„Weggehen bedeutet nicht mehr wiederkommen“, begründete Rachid Mimouni im November 1993 sein Ausharren in Algerien. Damals hatten militante Islamisten bereits zum Mord an dem Schriftsteller und Wirtschaftsprofessor aufgerufen. Doch als am Ende des Jahres auch seine dreizehnjährige Tochter bedroht wurde, floh er nach Marokko.

Die „Angst im Bauch“ hat den bekanntesten algerischen Schriftsteller seit Jahren nicht verlassen. Er wußte, daß er ein „ideales Opfer“ für die „Islamische Heilsfront“ (FIS) war, über die er in den letzten Jahren zunehmend geschrieben hat. Doch Mimounis Ende kam anders: Er starb am Sonntag in einem Pariser Krankenhaus an einer akuten Hepatitis. Erst im allerletzten Moment war der 49jährige aus Marokko zu der Notfallbehandlung nach Paris gereist.

Mimouni kam 1945 in Boudouaou, 30 Kilometer östlich von Algier, in einer armen Bauernfamilie zur Welt. Seine Romane und Erzählungen waren von Anfang an politisch. Sie handelten von der Kolonie und vom Krieg gegen die Kolonialmacht Frankreich, aber auch von der Korruption der Einheitspartei FLN, die Algerien seit der Unabhängigkeit regierte. Das Regime revanchierte sich mit Zensur. Als der Schriftsteller Anfang der 80er Jahre seinen Roman „Tombéza“ (Rotbuch Verlag, 1991) schrieb, mußte er sich seinen Verleger in Frankreich suchen. Sein letzter, 1993 erschienener, Roman „La Malédiction“ (der Fluch) über den Bürgerkrieg in Algerien bekam in Frankreich und der Schweiz Literaturpreise.

Das Dilemma muslimischer Schriftsteller „zwischen Hammer und Amboß“ beschrieb Mimouni im vergangenen Sommer in einem Brief an Taslima Nasrin: „Wenn wir die Regime in unseren Ländern kritisieren, drohen uns Repressalien der Autoritäten, wenn wir die Rückkehr der Barbarei anklagen, rufen die Fanatiker nach der Todesstrafe.“

Im Laufe des vergangenen Jahres wurde Mimouni zum Wortführer der intellektuellen Opposition im Exil. Er beschrieb die mörderische Nacht, die über Algier hereingebrochen ist. In einer Broschüre „Über die Barbarei im allgemeinen und den Integrismus im besonderen“ erklärte er, warum der militante Islamismus Allah diskreditiere. Und immer häufiger äußerte er die Befürchtung, daß das algerische Regime und die Islamisten eine Allianz eingehen könnten. Dorothea Hahn

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen