■ Das Portrait: Der Wassermann
„Wir betreiben weniger Wissenschaft als Abenteuer. Aber alles, was wir sagen, wird überprüft“, erklärte Jacques Yves Cousteau vor einigen Jahren. Das Bild eines Abenteurers haftet dem 1910 geborenen Tiefseeforscher, der durchschnittlich Jacques CousteauFoto: AP
vier Monate im Jahr auf dem Meer verbrachte, in jedem Fall an. Der große, hagere Franzose mit dem Habichtblick bereiste die Weltmeere und kämpfte mit Haien. Während des Zweiten Weltkriegs schloß er sich der Résistance an und wurde unter anderem in der Spionage gegen Italien eingesetzt. Mit 37 Jahren errang er den damaligen Weltrekord im Freitauchen mit einer Tiefe von 91,5 Metern. Doch wenn der Korvettenkapitän den Angriff wildgewordener Haie filmt oder in der Ägäis nach dem sagenumwobenen Reich Atlantis sucht, geht es ihm nicht um das Abenteuer an sich. Mit seinen spektakulären Aktionen will er ein möglichst großes Publikum auf das aufmerksam machen, was ihm wirklich am Herzen liegt: die Bedrohung der Erde durch den Menschen.
„Als 1969 Apollo auf dem Mond landete, hätte die erste Fotografie der Erde im Bewußtsein der Menschen eine Offenbarung auslösen können“, beschrieb er die notwendige Umkehr zur Ökologie. Er selbst setzt sich seit Beginn der 70er Jahre für den Umweltschutz ein, kämpft für die Verwendung von Sonnenenergie und tritt für eine Dezentralisierung der Gesellschaft ein, die statt in Ballungszentren in kleineren Siedlungen lebt und über Computer kommuniziert.
Auch wenn die Menschheit durch die Mondlandung nicht bekehrt wurde, so hört sie Cousteau doch zu. Seine zahlreichen Dokumentarfilme fanden weltweite Beachtung. Allein zwanzig Bücher und rund siebzig Filme und Fernsehserien entstanden bei Expeditionen mit dem Forschungsschiff „Calypso“. Die TV-Reihe „Geheimnisse des Meeres“ zählte in der Bundesrepublik 13 Jahre lang zu den beliebtesten Serien. 1989 wurde Cousteau in die „Académie Française“ aufgenommen. Der rüstige Kapitän gilt als einer der beliebtesten Prominenten Frankreichs.
Der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit kann den Kapitän nicht erschüttern. Eine 1993 erschienene kritische Biographie, die in Frankreich einiges Aufsehen erregte, nannte er lapidar das „dritte Enthüllungsbuch“ über seine Person, das er wie die beiden anderen nicht gelesen habe. Aktiv wie eh und je feiert er am Sonntag seinen 85. Geburtstag. Dorothea Schildt
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