■ Das Portrait: Der Schachspieler
Die Wirtschaftszeitschrift Forbes zählte ihn zu den 20 reichsten Männern der Welt, der Pariser Nouvel Observateur zu den 50 einflußreichsten. Gilberto Rodriguez Orejuela leitete eines der größten Wirtschaftsimperien der Erde, das jährlich sieben Milliarden Dollar umsetzte und 80 Prozent des Kokainmarktes in den USA kontrollierte: das Drogenkartell von Cali. Wegen seines Geschicks, die verschiedenen Figuren in Politik und Wirtschaft zu seinen Gunsten zu bewegen, wird er auch der Schachspieler genannt.
Schon als 13jähriger hatte Rodriguez in Mariquita, Provinz Tolima, wo er 1939 zur Welt kam, mit Drogen zu tun: Er arbeitete als Zusteller einer lokalen Drogerie. 1964 eröffnete er seine eigene Drogerie, die erste von 250, die er landesweit besitzen sollte. Auf die schiefe Bahn kam er erst Ende der sechziger Jahre, als er mit einem Bruder seine eigene Bande – „Los Chemas“ – gründete. Der Gruppe wurde Kidnapping und Geldfälschung nachgesagt. Doch ausreichend Beweise für eine Verurteilung gab es nie.
Das Kokaingeschäft begann in den Siebzigern. „Los Chemas“ kauften das weiße Pulver in Peru und brachten es in kleinen Mengen in die USA. Mit der Zeit konnten sie ihre eigenen Flugzeuge kaufen und gründeten das Kartell von Cali. Seit Ende der 80er Jahre lebte der Chef des Cali-Kartells im Untergrund, von wo er den Krieg gegen die Konkurrenzorganisation von Medellin dirigierte.
Die erste Autobombe Kolumbiens, die damals vor einem Luxusbau Escobars detonierte, wird Rodriguez Orejuela zugeschrieben. Während sich das Kartell von Medellin und der Staat bekämpften, konnte die Mafia von Cali ihr Geschäft konsolidieren, Transportwege und Anbaugebiete unter ihre Kontrolle bringen und den Gewinn in der Hotellerie, der Baubranche und dem Immobiliengeschäft investieren.
Gilberto Rodriguez Orejuela Foto: Reuter
Nach dem Tod von Pablo Escobar im Dezember 1993 sondierten die Mafia-Bosse die Möglichkeit, sich gegen Straferleichterung der Justiz zu stellen. Die über Anwälte geführten Gespräche scheiterten jedoch an den exzessiven Forderungen der Kokainbosse und an den Pressionen der USA. Seither waren 2.000 Agenten damit beschäftigt, den meistgesuchten Mann des Kontinents aufzuspüren. Am 9.Juni fiel in Cali ein dicklicher, an Hypernervosität leidender Gilbert Rodriguez Orejuela den Sicherheitskräften in die Hände. Ralf Leonhard
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