Das Portrait: Der letzte spanische Putschistenführer
■ Antonio Tejero
„Tejero libertad!“ grölten die Jung- und Altfaschisten, als sie vor zwei Wochen in Madrid des 21.Todestages von Diktator Franco gedachten. Und jetzt, nur wenige Tage später, ist Antonio Tejero tatsächlich auf freiem Fuß.
23.Februar 1981: Auf der Rednertribüne des Parlaments stand Antonio Tejero, ein kleiner, untersetzter Beamter der paramilitärischen Polizeieinheit Guardia Civil, Pistole in der Hand. Unten fuchtelte eine Truppe Uniformierter ebenfalls mit Waffen herum. „Alle auf den Boden, verdammt noch mal!“ bläffte Tejero die Volksvertreter an. Ein paar Schüsse unterstrichen die Drohgebärde. In Madrid und Valencia rollten die Panzer aus den Kasernen, Ziel: Schluß mit der jungen Demokratie.
Es blieb beim Versuch. Noch in derselben Nacht hielt König Juan Carlos in der Uniform des Oberbefehlshabers der spanischen Streitkräfte eine Fernsehansprache. Sein offenes Bekenntnis zum neuen System setzte dem Spuk ein Ende. Tejero wurde zu 30 Jahren Haft verurteilt.
Das Ende einer langen „patriotischen“ Laufbahn. 1976, ein Jahr nach dem Tod Francos, wurde Tejero vom baskischen San Sebastián ins südspanische Malaga strafversetzt. Er hatte gegen die Legalisierung der baskischen Fahne – „diesem Wimpel“ – ein Symbol der einsetzenden Dezentralisierung, protestiert. 1978 bat Tejero in einem offenen Brief den König, er solle die geplante Verfassung verhindern. Die Antwort: eine Disziplinarstrafe.
Der Colonel ließ sich nicht einschüchtern. Er begann Putschpläne zu schmieden. Der gesamte Ministerrat sollte entführt werden. Die Verschwörung flog auf, Tejero wurde zu sieben Monaten Haft verurteilt.
Antonio Tejero war der letzte der Putschisten von 1981, der im Gefängnis einsaß. Fünf Jahre und ein Monat fehlten ihm, um wegen guter Führung nach der Verbüßung von drei Vierteln der Strafe entlassen zu werden. Der Richter schenkte sie ihm wegen regelmäßiger Blutspenden und erbrachter Arbeit. Noch vor nicht allzu langer Zeit hätte diese Entscheidung eine Welle von Protesten ausgelöst, heute nur Gleichgültigkeit. Gerade das dürfte den 64jährigen am meisten schmerzen. Denn es zeigt: Tejero kann an Aufmärschen der Ewiggestrigen teilnehmen, wie er will – die verhaßte Demokratie jedoch ist nicht mehr umkehrbar. Reiner Wandler
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