Das Portrait: Enkelin mit schlechtem Namen
■ Alessandra Mussolini
Einerseits ist sie stolz auf ihren Familiennamen: „Der einzige aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts, der noch immer zählt, auch bei politischen Feinden“. Andererseits weiß sie „bis heute nicht, ob die Leute mich mögen und wählen oder meinen Namen“. Der Name lautet: Mussolini – Alessandra (34) ist die Enkelin des „Duce“, der mit seiner Faschistischen Partei 1922 die Macht in Italien errungen und schnell zur Diktatur ausgebaut hatte.
Alessandra Mussolini, die ihre erste Bekanntheit als Schauspielerin erreichte, paßt in gewisser Weise ins Familienschema, wo neben Politikern auch viele Schöngeister vertreten sind. Andererseits ist Alessandra die einzige, die ihren Namen auch mal ein wenig kritisch betrachtet: Zwar zeigt sie „Verehrung für die Kraft“ ihres Großvaters, doch andererseits sei „seine Epoche definitiv abgeschlossen, im Guten wie im Bösen“.
Im Movimento sociale (MSI), der Nachfolgepartei der Faschisten, hat sie sich lange nicht sonderlich engagiert, dann kam ihre große Zeit: Als die Neofaschisten in den Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen 1993 zweistellige Zuwachsraten verzeichneten, proklamierte sie sich zur Bürgermeisterkandidatin in Neapel – sie bekam 40 Prozent der Stimmen.
Anschließend wurde sie ins Parlament gewählt. Damit war die Freude der Rechten an ihrer attraktiven Parlamentarierin aber auch schon erschöpft. Alessandra Mussolini engagierte sich in einer quer durch die Reihen laufenden Frauenlobby, stand in vorderster Linie bei der Reform des Sexualstrafrechts und verteidigte auch das Grundrecht auf Selbstbestimmung der Frauen in Sachen Abtreibung. Verärgert drängte die Parteispitze sie an den Rand und ließ sie im Regen stehen, als vor einigen Wochen ihr Ehemann ein Verfahren wegen Rechtsbeugung und Vorteilnahme an den Hals bekam. Alessandra Mussolini, die sich wenigstens eine Ehrenerklärung von der Partei erhofft hatte, trat aus der mittlerweile in Nationale Allianz umgetauften Rechtsformation aus. Es folgte ein Meer empörter Anrufe und Briefe an die Parteileitung, so daß Parteichef Fini die Abtrünnige nun wieder in die Partei holen mußte. „Wir haben alles geklärt“, sagte die „Heimkehrerin“ gestern triumphierend. Für ihre Rückkehr sei ihr „absolute Meinungsfreiheit“ zugesichert worden. Der Familienname zählt noch immer. Werner Raith
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