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Das PortraitBündnisgrüner Manager

■ Raimund Kamm

Raimund Kamm, Kämpfer gegen Bierdosen und Müller- Milch, legt sein Landtagsmandat nieder Foto: Derlath

„Ein kompetenter Wirtschaftspolitiker in der falschen Partei“ – so hat ein bayrischer Bierbrauer einmal Raimund Kamm genannt. Denn daß ein Exmanagementtrainer seine Wirtschaftskarriere unterbricht, um für die Grünen in den Landtag zu wechseln, leuchtet einem solchen nun mal nur schwerlich ein. Viel eher respektiert er, daß dieser Grüne sich gar so vehement gegen die „dämliche Blechdosenlawine“ eingesetzt und für die kleinen und mittelständischen Brauereien stark gemacht hat.

Ähnlich Respektvolles für Kamm war erst dieser Tage von einem Bahnfachmann aus Augsburg zu vernehmen. Denn auch für den Personennahverkehr hat der 45jährige Rhetoriker immer mit Nachdruck gekämpft – wenn auch vielleicht mit etwas zu unkonventionellen Mitteln. Schließlich holt man als Landtagsgrüner doch nicht einfach einen neukonzipierten Nahverkehrszug einer großen Privatfirma zur Testfahrt auf bayerische Schienen. So was überläßt Bayerns Opposition gewöhnlich den wirtschaftsfreundlichen „Schwarzen“.

Ob er nun in der falschen Partei ist oder nicht, das brauchen sich die konservativen Sympathisanten des Raimund Kamm nicht länger zu überlegen. Auch nicht die Dorfbewohner von Aretsried, wo der berühmteste deutsche Milchmann (Theo Müller) sein Imperium errichtet hat und für den Kamm jahrelang der „Lieblingsfeind“ war.

Denn: Kamm bleibt zwar Grüner, verläßt aber zum 31. Juli die Landtagsfraktion. Hauptgrund sei, beteuert er, daß das Allgäu endlich einen eigenen Abgeordneten brauche und der Biobauer Adi Sprinkart daher ein geeigneter Nachfolger für ihn sei. Doch Kamm hätte sicherlich bei Sprinkart nicht so nachdrücklich auf dessen Nachrückbereitschaft gedrängt, wenn nicht die Enttäuschung über die Perspektivlosigkeit der Grünen-Fraktion so tief stecken würde, der Zwist mit Fraktionschef Manfred Fleischer und dem Landesvorstand nicht so tiefgreifend wäre. So mancher bayrische Grüne konnte mit dem Westfalen Kamm nie recht warm werden. Was für diesen projektbezogener Arbeitsstil war und ihm in überregionalen Medien Gehör verschaffte, trug ihm bei vielen in der Partei den Ruf ein, arrogant und abweisend zu sein. Trotzdem: Nachtreten möchte er jetzt nicht mehr. Klaus Wittmann

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