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Das PortraitGoldjunge unter Korruptionsverdacht

■ Arie Deri

„Ich werde meinen Kampf weiterführen!“ Mit diesen Worten reagierte Arie Deri (38) auf die Entscheidung der israelischen Generalstaatsanwaltschaft, gegen ihn wegen der der Bar-on-Affäre Anklage zu erheben. Deri gründete 1984 die Partei der „sephardischen Hüter der Thora“ (Schas). Bei ihrem ersten Antritt bei Parlamentswahlen erhielt sie auf Anhieb vier Mandate. Deri galt als „Goldjunge“ der israelischen Politik. Vier Jahre später brachte es Schas schon zu sechs Knesset-Sitzen.

1992 wurden erste Anzeichen erkennbar, daß Deri doch nicht der Ehrenmann war, als der er sich gerne darstellte. Er war in einen Veruntreuungsskandal verwickelt. Aber selbst eine Serie weiterer Affären und ein seit sieben Jahren anhängiges Gerichtsverfahren wegen Bestechung schienen Deri nur noch mehr Auftrieb zu geben. Nach den letzten Wahlen zogen zehn Schas-Abgeordnete ins Parlament.

Das Programm der Partei erinnert an religiösen Fundamentalismus. Ihre Wählerschaft sucht sie unter „sephardischen Underdogs“, unterprivilegierten orientalischen Juden. In der derzeitigen Regierung ist Schas mit zwei Ministern vertreten. Die Partei unterhält neun Radiostationen und eine Wochenzeitung. Sie betreibt 500 Kindergärten und ein eigenes orthodox-religiöses Schulnetz für fast 400.000 SchülerInnen.

Deri wurde im marokkanischen Meknes geboren. 1968 wanderte seine Familie nach Israel aus. Nach Jahren des Bibelstudiums schloß sich Deri dem ehemaligen sephardischen Oberrabbiner Ovadia Josef an. Zusammen riefen sie Schas ins Leben – ursprünglich nur mit der Absicht, in die Jerusalemer Stadtverwaltung einzuziehen. Aber mit dem Erfolg wuchsen auch die Ambitionen: Schas sollte die Partei aller Sepharden werden, für deren Gleichberechtigung kämpfen, in einer von askenasischen (europäischen) Juden beherrschten Umwelt.

Sowohl der Likud als auch die Arbeitspartei waren bisher um ein gutes Verhältnis zu Schas bemüht. Deri gilt als Stehaufmännchen. Bereits mit 27 Jahren wurde er Generaldirektor des Innenministeriums. Zwei Jahre danach war er selbst Innenminister. Viele seiner sephardischen Bewunderer würden ihn gerne als Ministerpräsidenten sehen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Deri seine weitverzweigten Unterstützerkreise doch noch vor einem Gerichtsverfahren retten können. Amos Wollin

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