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Das PortraitAbsturz eines Geheimdienstchefs

■ Virgil Magureanu

Eine der umstrittensten politischen Figuren Rumäniens ist von seinem Amt zurückgetreten: Virgil Magureanu, Chef des Rumänischen Informationsdienstes SRI – die Nachfolgeorganisation der Securitate. Angekündigt bereits letzte Woche, gab der 56jährige seinen Rücktritt offiziell am Mittwoch vor dem rumänischen Parlament bekannt, als die Abgeordneten den SRI-Jahresbericht 1996 debattierten.

Eine Begründung lieferte der Ex-SRI-Chef zwar nicht. Dennoch überraschte sein Rücktritt niemanden. Magureanu gehörte jahrelang zur Garde des ehemaligen neokommunistischen Staatspräsidenten Ion Iliescu und war für zahlreiche Geheimdienstskandale im postkommunistischen Rumänien mitverantwortlich.

Vor dem Umsturz im Jahre 1989 lehrte Magureanu als Dozent für politische Doktrinen an der kommunistischen Parteihochschule und war Gruppenführer von Securitate-Spitzeln. Im Dezember 1989 nahm er am Geheimprozeß und der Hinrichtung des Diktatoren-Ehepaars Ceausescu teil und wurde vom späteren Staatspräsidenten Ion Iliescu mit der Reorganisation der Securitate betraut.

Der SRI, gegründet im März 1990, war von Anfang an ein Symbol für die Kontinuität der Securitate nach 1989. Unter Magureanus Regie wurde ein Großteil der ehemaligen Securitate-Kader weiterbeschäftigt. In den letzten Jahren machte der SRI aber immer wieder mit Abhöraffären Schlagzeilen. Um den Ruf des Securitate- Nachfolgers und der politischen Polizei loszuwerden, gab Magureanu seit 1993 eine selektierte und manipulierte Dokumentenreihe über die Verbrechen der Securitate heraus. Ihr Tenor: Die Securitate sei nach dem Machtantritt Ceausescus 1965 ein harmloser bürokratischer Apparat gewesen.

Auch die neue Regierung, seit Herbst vergangenen Jahres im Amt, hielt sich gegenüber dem SDI-Chef stets zurück. Der Grund: Kurz vor den Parlamentswahlen, als die Niederlage von Iliescu und seiner Partei bereits absehbar war, distanzierte sich Magureanu vom damaligen Staatspräsidenten und vollzog eine politische Wende in Richtung Opposition. Überdies galt Magureanu als Garant dafür, daß der SRI nicht außer Kontrolle geraten würde. Ganz aus dem öffentlichen Leben will sich Magureanu aber nicht zurückziehen. Der Ex-SRI-Chef strebt jetzt eine Karriere als Politiker an. Keno Verseck

Rücktritt: Virgil Magureanu, Chef des rumänischen Geheimdienstes Foto: rtr

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