Das Portrait: Irlands erste Frau tritt ab
■ Mary Robinson
Sie ist das beliebteste Staatsoberhaupt der Welt: 90 Prozent der IrInnen sind mit ihrer Präsidentin Mary Robinson hochzufrieden. Vorgestern ist sie von UN-Generalsekretär Kofi Annan für das Amt der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte nominiert worden. „Ich denke, das ist eine der wichtigsten Entscheidungen, die ich treffen kann“, sagte Annan.
Irland muß sich nun um einen Nachfolger kümmern. Robinson soll ihr Amt in Genf im September antreten, ihre Amtszeit als Präsidentin geht jedoch erst am 2. Dezember zu Ende. Ob sie nun vorzeitig zurücktritt, hat sie noch nicht entschieden.
Ihre Wahl 1990 war eine Sensation und gilt als Wendepunkt in der irischen Geschichte. Bis dahin war die Politik von Männern bestimmt, plötzlich bekleidete eine linke Feministin das höchste Staatsamt. Zu Hilfe kam ihr ihr Gegenkandidat Brian Lenihan, der im Wahlkampf als Lügner geoutet wurde, sowie der irische EU- Kommissar für soziale Angelegenheiten, Padraig Flynn. Der Paradechauvi hatte Robinson vorgeworfen, sie vernachlässige ihre Familie zugunsten ihrer politischen Ambitionen – und brachte damit Frauen aller politischen Couleur gegen sich auf.
Mary Robinson stammt aus der westirischen Grafschaft Mayo, einer Region mit hoher Arbeitslosigkeit. Sie war in den sechziger Jahren eine der ersten Frauen, die als plädierende Rechtsanwältinnen zugelassen wurden. Seit 1969 gehörte sie dem irischen Senat an. Zwei Jahre später ging sie gerichtlich gegen das Verhütungsmittelverbot von 1934 vor, scheiterte jedoch. In anderen Fällen war sie erfolgreicher: Sie erstritt das Recht für Frauen, als Geschworene berufen sowie unabhängig vom Ehemann besteuert zu werden. 1988 verurteilte der Europäische Gerichtshof die irische Regierung auf Robinsons Antrag dazu, das Verbot der Homosexualität aus dem Jahr 1861 aufzuheben.
Ihre Leistung auf der Grünen Insel ist unbestritten. Der Kolumnist Fintan O'Toole drückte es so aus: Für ihre Vorgänger sei Irland ein geographischer Ort gewesen, für Mary Robinson waren es die Menschen und vor allem die Randgruppen. Ihr Nachfolger wird es schwerhaben. Aber vielleicht ist Irland in den vergangenen sieben Jahren auch dank Robinsons Einfluß zu einem modernen Land gereift, das sich nun einen stinknormalen Präsidenten leisten kann. Ralf Sotscheck
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