Das Portrait: Modernisierer des US-Geheimdienstes
■ George Tenet
Die Senatoren im Ausschuß zur Überwachung der Geheimdienste schwärmten schon von George Tenet, als Präsident Clinton ihn noch nicht einmal nominiert hatte. Und dann hat seine Bestätigung als neuer CIA-Direktor doch über einen Monat gedauert. Bei der Durchleuchtung seiner Vermögensverhältnisse wurde festgestellt, daß Tenet Einnahmen aus Haus- und Grundbesitz in Griechenland verschwiegen hatte. Tenet wußte gar nicht, daß er soviel Vermögen geerbt hatte – der Glückliche. Aber es ist alles in Ordnung, finanziell und politisch. Tenet kann als fünfter CIA- Chef in ebenso vielen Jahren jetzt darangehen, jene Agentur zu reformieren, die durch allerlei Skandale und die Aufdeckung von Mordkomplotten schwer in Mißkredit geraten ist. Vorgestern abend wurde Tenet vom Senat bestätigt.
Der 44jährige ist Sohn griechischer Einwanderer, die in New York eine Imbißstube besaßen. Vor zehn Jahren holte ihn der damalige Ausschußvorsitzende David Boren in den Stab des Senatsausschusses, wo er die geheimen Operationen der CIA zu überwachen hatte. Dort soll er seinen Instinkt für Washingtoner Machtkämpfe, aber auch eine Vorliebe für Gradlinigkeit und Wahrheit entwickelt haben.
Unter der Regierung Clinton war Tenet zunächst Stellvertreter des Nationalen Sicherheitsberaters Anthony Lake. 1995 wechselte er zur CIA, wo er unter John Deutch erst stellvertretender und seit dessen Rücktritt im Dezember 1996 amtierender CIA- Direktor wurde.
Als Reaktion auf die Enttarnung der Doppelspione Aldrich Ames und Harold Nicholson und überhaupt, weil eine neue Zeit angebrochen ist, hat Tenet damit begonnen, den Geheimdienstkader aus den Zeiten des Kalten Krieges zu säubern.
Im Umgang mit den gewonnenen Erkenntnissen will Tenet die Techniken nutzen, die im World Wide Web entwickelt wurden. Ciras heißt das Konzept, mit dem die CIA die Informationsfülle kanalisieren will: Corporate Information Retrieval and Storage System.
Tenet steht auch für die Einführung von Managementmethoden der Privatwirtschaft: Die CIA wird unter seiner Leitung künftig „Kunden“ mit einem „hochwertigen Produkt“ beliefern. Kritiker bemängeln gleichwohl, daß die CIA bis heute nicht das geschulte Personal hat, den eingehenden Datenstrom fachgerecht auszuwerten.
Peter Tautfest
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