Das Portrait: Militanter Friedensstifter
■ David Trimble
Die vergangene Woche war für ihn ein Wechselbad: Der nordirische Unionistenchef David Trimble mußte das Belfaster Abkommen, das der Krisenprovinz Frieden bringen soll, seiner Partei verkaufen. Seine Partei-Exekutive hatte ihn unterstützt, der einflußreiche Oranier- Orden dagegen nicht, und auch die Hälfte seiner zehn Abgeordneten stellte sich gegen ihn. Die Abstimmung des Unionistischen Rates gewann er am Samstag jedoch mit 72 Prozent der Stimmen.
Seine Gegner, allen voran der rechtsextreme Pfarrer Ian Paisley, werfen Trimble Verrat an der unionistischen Sache vor. Dabei hatte man in London und Dublin aufgestöhnt, als er im September 1995 an die Spitze der Ulster Unionist Party (UUP), Nordirlands größter Partei, gewählt wurde. Trimble war der militanteste der fünf Bewerber und dachte lauthals darüber nach, wie er seine Partei wieder mit Paisleys Democratic Unionist Party zusammenführen könnte.
Im Sommer davor standen die beiden Hand in Hand auf den Barrikaden von Portadown und setzten durch, daß der Oranier-Orden durch die katholische Garvaghy Road marschieren durfte, um den historischen Sieg ihres Namensgebers Wilhelm von Oranien über seinen katholischen Widersacher Jakob II. im Jahr 1690 zu feiern.
1973 war Trimble der Vanguard Unionist Party beigetreten, einer neofaschistischen Organisation, die enge Kontakte zu paramilitärischen Organisationen unterhielt. „Ein gewisses Element von Gewalt mag unvermeidlich sein“, sagte Trimble damals. Ende der siebziger Jahre warf man ihn aus der Partei hinaus, und er schloß sich der UUP an.
Trimble wurde am 15. Oktober 1944 geboren, er wuchs in Bangor bei Belfast auf. Nach seinem Jurastudium wurde er 1969 als Anwalt zugelassen, trat jedoch eine Dozentenstelle an der Universität von Belfast an, bis er Berufspolitiker wurde. Im Mai 1990 wurde er dann ins Londoner Unterhaus gewählt.
Trimble ist zum zweiten Mal verheiratet, er hat vier Kinder. Er gilt als jähzorniger Politiker. Als er bei einem Fernsehinterview erfuhr, daß der Sinn-Féin-Vize Martin McGuinness zugeschaltet werden sollte, stürmte er wutentbrannt aus dem Studio. Falls Sinn Féin das Belfaster Abkommen annehmen sollte, muß Trimble sich an den Gedanken gewöhnen, seinen Kabinettstisch mit Gerry Adams und Martin McGuinness zu teilen. Ralf Sotscheck
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