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Das PortraitDer tote Chef der Schweizergarde

■ Alois Estermann

Er hätte der erste Kommandant der päpstlichen Schweizergarde werden sollen, der nicht aus adeligem Hause kommt. Doch nun hat, nur sechs Stunden nach seiner feierlichen Ernennung, die Kugel eines Untergebenen den 43jährigen Oberst Alois Estermann hingerafft, zusammen mit seiner Frau, der Venezolanerin Gladys Meza Romero. Der mutmaßliche Mörder, Unteroffizier Cedric Tornay, 23, nahm sich nach der Tat das Leben. So die ersten Ermittlungsergebnisse.

Oberst Estermann, der aus Gunawill im Kanton Luzern kommt und seit 1979 Dienst bei der Schweizergarde tat, galt nicht nur als liebenswürdig und aufgeschlossen, sondern auch als besonders tapfer: als 1981 der Türke Ali Agca auf den Papst schoß, warf er sich dazwischen. 1989 wurde er Stellvertreter des Kommandanten – die bis dahin höchste einem Bürgerlichen zugestandene Karrierestufe. Genau darum war es dann auch gegangen, als nach der Pensionierung des bis 1997 amtierenden Kommandanten ein neuer Chef der gut 100 Schweizergardisten ernannt werden sollte. Die Schweizer Behörden, zuständig für die Auswahl der Gardisten, suchten unter den Nobelfamilien – vergeblich. Für umgerechnet etwa 1.500 Mark wollte sich keiner nach Rom versetzen lassen. Im Vatikan drängte man immer mehr – das Heilige Jahr 2000 naht heran, da will alles seine Ordnung haben. Und wer wäre geeigneter gewesen als Estermann, der Karol Wojtyla immerhin schon auf mehr als 30 Reisen begleitet hatte. Estermann hat versucht, seine Ernennung zu erleichtern, wo immer es ging. So hat er in seiner Freizeit auch noch Theologie studiert, um sich nicht nur als polyglotter Obergardist zu erweisen, der fünf Sprachen fließend beherrscht, sondern auch als spirituell gebildeter Gesprächspartner des Papstes.

Doch schon raunen einige Vatikanologen, der Mann sei nicht nur ein beherzter Krieger gewesen, sondern auch ein schöner Mann mit einer unbestreitbaren Wirkung auf Frauen. Andere munkeln, vielleicht habe der junge Mörder etwas mit Estermanns Frau gehabt – „auch die Menschen im Vatikan haben ihre Affekte und Leidenschaftlichkeiten“, wie der Erzbischof von Como, Monsignor Maggiolini, dem Corriere della sera anvertraute. Der tote Oberst wird wohl noch eine Weile die Gemüter beschäftigen. Werner Raith

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