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Das PortraitJungdemokrat mit hohen Ambitionen

■ Viktor Orban

Viktor Orban lächelt selbst dann noch, wenn er über schwerwiegende Dinge spricht. Ein merkwürdiges, unangemessenes Lächeln – wie das unterdrückte Kichern eines Halbwüchsigen. Dazwischen immer wieder das zwanghafte Bemühen, mit getragener Stimme zu sprechen, Reife und Erfahrung auszustrahlen. Doch manchmal vergißt Viktor Orban die einstudierten Posen und läßt sich von seinem eigenen Schwung beflügeln. Dann bekommen seine Gesichtszüge etwas Energisches, dann spricht er lauter und empört, so wie der Student von einst.

Den Weg vom rebellierenden Studenten zum Anwärter auf das Amt des Ministerpräsidenten hat der 35jährige Viktor Orban in nicht einmal zehn Jahren gemacht. Im Mai 1990, nach den ersten freien Wahlen in Ungarn, zog seine Partei, der „Verband Junger Demokraten“ (Fidesz) mit einer Handvoll junger Leute ins Parlament ein – im Stil einer radikaldemokratischen Basisgruppe. Heute wollen die Jungdemokraten eine „nationalliberale Bürgerpartei“ sein.

Der Wandel der Jungdemokraten ist der Wandel Viktor Orbans, der seine Partei schon immer entschlossen, manchmal rücksichtslos mit sich gerissen hat. Aufgewachsen in einem westungarischen Dorf, studierte er Jura in Budapest. Anläßlich des Staatsbegräbnisses von Imre Nagy, des ermordeten Ministerpräsidenten der ungarischen Revolution von 1956, hielt er im Juni 1989 eine historische Rede, in der er den Abzug der sowjetischen Truppen aus Ungarn forderte. Und machte damit das Land auf sich und seine Partei aufmerksam.

Schon seit Jahren wird Orban Machtgier nachgesagt. Zumindest seine hohen Ambitionen sind dem Chef der Jungdemokraten anzusehen. Darunter hat die inhaltliche Kohärenz des Fidesz gelitten. Die Jungdemokraten sind keine „Nationalliberalen“, sondern vertreten einen verschwommenen nationalkonservativen Etatismus. Doch diese Orientierung wirkt eher an den Haaren herbeigezogen. Wie viele seiner Parteifreunde gleicht Viktor Orban manchmal dem Typ des jungen Börsenmillionärs, der zu früh gealtert ist und dennoch keine Erfahrungen besitzt. Ein ungarischer Politologe drückte es anders aus: „Erfolgreich hat sich Viktor Orban das Image eines Politikers zugelegt. Nun muß er sich bemühen, ein menschliches Antlitz zurückzugewinnen.“ Keno Verseck

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