Das Portrait: Der britische Sorbe von Horno
■ Michael Gromm
Märchen? Selbstverständlich glaubt der Mann an Märchen – zumindest, wenn sie gut ausgehen. Wie sein aktuelles Buch, eine märchenhafte Parabel über den Widerstand der Gemeinde Horno gegen die Braunkohlebagger. Darin erzählt Michael Gromm, wie die Bewohner des Landes hinter den Bergen dem Hunger des großen Königs aus dem Westland auf „die schwarzen Steine“ trotzen, nachdem sie schon viele Jahre lang die Erde aufgerissen und dabei ihre Heimat zerstört hatten, um den Appetit seines Vorgängers zu befriedigen. Sie erheben „das Dorf hinter dem Eichenwald“ zum Symbol des Widerstands und feiern die Rettung mit einem wunderbaren Fest. Ja, sagt Gromm. So wird es sein, Horno bleibt bestehen. Daß die Gemeinde wirklich abgebaggert werden könnte, würde er vermutlich auch nicht glauben, wenn das Landesverfassungsgericht Potsdam endgültig zugunsten der Braunkohle entschiede und die Schaufeln sich in sein Grundstück, das „britische Dreieck“ grüben.
Der gebürtige Engländer kam 1992 in das deutsch-polnische Guben, um die Chronik einer Familie aufzuschreiben, sah das Land und liebte die Leute.
In der Lausitz leben heute noch rund 80.000 Sorben, die letzten eines slawischen Volkes, das die Fränkischen Reichsannalen schon vor mehr als eineinhalb Jahrtausenden erwähnten, und das seine eigene Literatur und Musik bewahrt hat. In der DDR wurde diese „Vorzeigekultur“ gefördert, Schilder waren zweisprachig beschriftet. Trotzdem hatte auch die sozialistische Regierung keine Probleme, das sorbische Gebiet ihrer Energiepolitik zu opfern. Und obwohl die heutige Landesverfassung in Brandenburg den Sorben eine „nationale Identität“ zuerkennt, wird diese Linie immer noch weiter verfolgt. Für Gromm ist das eine „kulturlose Barbarei“. Vielleicht auch deshalb, weil er inzwischen herausgefunden hat, daß sein Name sorbischen Ursprungs ist, er also doch nicht nur mit dem Herzen dazugehört. „Ich kam her, um eine Familiengeschichte zu schreiben und entdeckte meine eigene“, sagt er. 1993 zog er nach Horno und gründete den Aktionskreis „Geil auf Horno“. Die Hornoer haben ihn zum Ehrenbürger ernannt.
Trotzdem hält Gromm sich nicht für den Mittelpunkt des Kampfes: „Die Menschen hier haben lange ohne mich gekämpft und würden auch ohne mich weiterkämpfen.“ Beate Willms
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