Das Portrait: Spaniens gefürchtetster Jurist
■ Baltasar Garz n
Ein verbissener Rechercheur: Baltasar Garzón Foto: Reuters
Der 43jährige Untersuchungsrichter Baltasar Garzón ist nur mit Superlativen zu beschreiben: Er ist der bekannteste, gefürchtetste und umstrittenste Jurist Spaniens. Ein Mann, der die Mächtigen das Fürchten lehrt – zuletzt auch Ex-Diktator Pinochet.
Wenn Ex-Innenminister José Barrionuevo, einst oberster Terrorfahnder Spaniens, seine Morgengymnastik im Gefängnishof der Haftanstalt von Guadalajara machen muß, hat er das Garzón zu verdanken. Der war es, der eine vom Innenministerium organisierte Entführung rechtzeitig vor der Verjährung untersuchte und Barrionuevo vor Gericht brachte.
Für seine Gegner ist der Bauernsohn, der sein Jurastudium durch Gelegenheitsjobs finanzierte, ein von krankhaftem Geltungsbedürfnis getriebener Fanatiker, der sich an den Sozialisten rächen will. Von Felipe González wurde der 1955 im andalusischen Jaen geborene Garzón als Kandidat für die Parlamentswahlen 1993 angeworben: Statt, wie versprochen, Innenminister, wurde er nach dem Sieg „nur“ Staatssekretär. Ein Jahr später warf er das Handtuch: „Ich hatte keine Möglichkeit, den Kampf gegen die Korruption zu gewinnen.“
Wenig später nahm der Familienvater trotz Warnungen, Drohungen und einer filmreifen Erpressungskampagne, die von Gerüchten um intime Sexvideos bis zu einem in seinem Schlafzimmer hinterlegten „Ultimatum“ reichte, seinen Kreuzzug gegen die staatliche Kriminalität wieder auf. Garzóns Versuch, Premier González als Mitwisser oder Kopf des organisierten Staatsterrorismus gegen die ETA anzuklagen, scheiterte an einem Veto des Obersten Gerichtshofs.
Daß der Richter ein verbissener Rechercheur ist, bestreitet niemand. Zu seinen persönlichen Erfolgen zählt der Kampf gegen die ETA und den Staatsterrorismus der Sondereinheit des Innenministeriums (GAL). Mit seinen Verfahren gegen einen bekannten Drogenbaron oder den syrischen Waffenhändler Monzer Al Kassar scheiterte Garzón kläglich.
Obwohl ihn seine Feinde als geltungssüchtig diffamieren, schirmt Garzón sein Privatleben von der Öffentlichkeit ab. Außer einer Leidenschaft für Fußball sind keine Hobbys bekannt. In seinem Büro, das er an manchen Wochenenden nicht einmal zum Essen verläßt, bereitet Garzón jetzt die Vernehmung von Chiles Ex-Diktator vor. Josef Mandola
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