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Das PortraitDissident ohne Paß

■ Wang Ce

Seine erste Reise in die Heimat nach 14 Jahren endete für Wang Ce im Gefängnis. Am 2. November war er in Hangzhou in der ostchinesischen Provinz Zhejiang verhaftet worden, als er sich gerade mit Wang Youcai, dem Gründer der oppositionellen Demokratischen Partei, getroffen und ihm 1.000 US- Dollar gegeben hatte.

Wang Ce, der seit 1993 im spanischen Valencia lebt, ist für die chinesischen Behörden kein Unbekannter. Seit Jahren ist er in Dissidentenkreisen im Exil aktiv, nachdem er 1984 an der Universität in Hawaii in Politikwissenschaft promoviert hatte. 1997 wurde er Vorsitzender der zwei Jahre zuvor als Zusammenschluß zweier Exilverbände gegründeten „Allianz für ein demokratisches China – Liberale Demokratische Partei“, der heute größten chinesischen Dissidentenorganisation.

Wegen seines politischen Engagements weigerten sich Chinas Behörden, seinen Paß zu verlängern. Dies war für Wang um so schmerzhafter, als er die US- und später die spanische Staatsbürgerschaft ablehnte. Denn Wang fühlt sich seinem Selbstverständnis nach als Chinese. Dafür muß er jetzt büßen.

Weil er im vergangenen Oktober von der portugiesischen Enklave Macao ohne gültige Papiere aus nach China einreiste, verurteilte ihn gestern ein Volksgericht in Hangzhou zu vier Jahren Haft. Wang war nach Auskunft seiner Frau davon ausgegangen, daß er nur abgeschoben werden würde. Doch das Gericht wertete das Treffen mit Wang Youcai, der bereits im Dezember zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, als „Gefährdung des Staates“. Wang Ce half auch nicht, daß Spaniens Außenminister sich für ihn einsetzte. Da Wang keinen spanischen Paß hat, konnte Madrid nicht viel für ihn tun.

Unter Dissidenten gilt Wang als gemäßigt und als Anhänger der Christdemokratie. Er erarbeitete ein unter Exilanten umstrittenes Konzept, das die Herrschaft der chinesischen KP für weitere 30 Jahre anerkennt, sofern die Partei sich zu schrittweisen politischen Reformen bekennt. Damit wollte er Demokratisierung und politische Stabilität verbinden. Wie ein Dissident der taz berichtete, wollte Wang ursprünglich in offiziellen Kreisen für sein Konzept in Peking werben. Doch mit der Verurteilung machte Chinas Führung deutlich, daß sie von solchen Gedanken noch weit entfernt ist. Sven Hansen

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