Das Portrait: Raus Mann im Hintergrund
■ Rüdiger Frohn
Der frisch gekürte Bundespräsident Johannes Rau holt sich zur Verstärkung einen ehemaligen Vertrauten ins Amt, über den keine Anekdoten kursieren: Rüdiger Frohn gehört zu jener Sorte Politiker, die eigentlich nicht Politiker sind, sondern eher Polit-Beamte. Für Anekdoten ist der 48jährige Jurist aus Gevelsberg bei Wuppertal, der noch bis Anfang Juli die Staatskanzlei in Düsseldorf leitet, viel zu gewissenhaft und zu verschwiegen.
Sein Lebenslauf liest sich wie aus dem Beamten-Bilderbuch: Mit 29 Jahren wird Frohn Richter, mit 30 Personalleiter im Justizministerium NRW, mit 35 persönlicher Referent in der Staatskanzlei unter Rau. Anders als die meisten Polit-Profis liebt der unscheinbare Vorzeige-Jurist den großen Auftritt im Scheinwerferlicht gar nicht. Sein Lieblingsplatz ist der Hintergrund, seine Mission heißt Diskretion.
Frohn ist dermaßen ruhig-beflissen, daß seine Berufung zum Chef der Staatskanzlei vor vier Jahren in den Medien kaum Beachtung fand. Schlagzeilen machte dagegen sein lautstarker Vorgänger und heutiger Noch-Chef, Wolfgang Clement, und Schlagzeilen machte nach dem Verlust der absoluten Mehrheit für die SPD am Rhein 1995 vor allem die Rot-Grün-Koalition in Düsseldorf, allerdings zumeist negative. Monatelange knallte es dort an allen Ekken, ständig war mit dem Koalitionsbruch zu rechnen. Zum Krisenmanager avancierte damals ausgerechnet der wenig temperamentvolle Frohn. Im nüchternen Beamtentonfall glättete Raus stiller Mann für alle Fälle die Wogen, während sein Hauptgegenspieler, der damalige SPD-Fraktionschef Klaus Matthiesen, als „Krawallo“ keine Gelegenheit ausließ, „seine Rempelnummer gegen Grün abzuziehen“, wie der grüne Landessprecher, Reiner Priggen, rückblikkend urteilt. Frohn aber blieb sachlich. Das war schon alles.
Es reichte, um den Leiter der Staatskanzlei mit hohem Ansehen auszustatten – über die Parteigrenzen hinweg. „Frohn ist einer der Leute, denen es wirklich um die Sache geht“, lobt etwa der grüne NRW-Bauminister Michael Vesper. Und Helmut Linssen, Ex-Vorsitzender der CDU-Fraktion in Düsseldorf und normalerweise um Häme für SPD-Kollegen nicht verlegen, bescheinigt Frohn, „umgänglich, hilfsbereit und blitzgescheit“ zu sein. Ob der Rettungssanitäter vom Rhein an der Seite seines Lieblingsmonarchen Rau nun zu alter Form im Verarzten von rot-grünen Wehwehchen aufläuft, bleibt abzuwarten. Gisa Funck
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