Das Portrait: Lehrmeister der Republik
■ Jorge Battle
Viermal hat er schon versucht, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Jedesmal ist er daran gescheitert. Im fünften Anlauf am vergangenen Sonntag hat es endlich geklappt. Jorge Batlle ist neuer Präsident von Uruguay, dem kleinsten Land Südamerikas.
Als Aktivist der konservativen Colorado-Partei mischt Batlle seit über 40 Jahren in der Politik mit, ganz in der Tradition seiner Familie: Sein Vater Luis Batlle Beres war zweimal Präsident des Landes, und sein Großonkel führte in den 20er-Jahren die Sozialpolitik in Uruguay ein.
Batlle gefällt sich in der Rolle eines Besserwissers und Querdenkers in der Colorado-Partei. Das hat ihm nicht nur Freunde gebracht. Für das diesjährige Rennen um das Präsidentenamt hatten die Colorados schlicht keinen anderen Kandidaten, der vorzeigbar gewesen wäre. So fiel die Wahl auf Batlle. Der 72-Jährige hat den Ruf des Oberlehrers. Batlle bestätigt dies: „Professor zu sein, das ist das Schönste, was es im Leben gibt.“
Ins Zwielicht geriet Batlle 1968. Wenige Tage vor der Abwertung der Landeswährung setzten mehrere Kleinflugzeuge in Montevideo auf. An Bord hatten sie säckeweise die alte Währung. Das Geld wurde flugs in US-Dollar getauscht, und schon waren die Reichtümer in Sicherheit. Außer Batlle wussten damals nur wenige von der geplanten Abwertung. Allerdings konnte ihm nie eine Verstrickung in den Fall nachgewiesen werden.
Jorge Battle (72) ist der neue Präsident von Uruguay Foto: AP
Batlle ist ein Gegner des scheidenden Präsidenten Julio Maria Sanguinetti, obwohl er das gleiche Parteibuch hat. Nach der Militärdiktatur (1973 bis 1985) war er zunächst Senator unter dessen Regierung. Der Bruch kam im Jahr 1989. Damals schob Sanguinetti persönlich den Ambitionen Batlles, Präsident zu werden, einen Riegel vor.
Batlle steht für einen strikten Wirtschaftsliberalismus ein. Er schlug vor, den Staatsapparat zu verkleinern, mehr Privatisierungen durchzusetzen und das Sozialsystem abzuschaffen. Allerdings tat er sich schwer, im Wahlkampf ein Programm zu formulieren. Sein einziges konkretes Versprechen war, die Mehrwertsteuer von 23 auf 17 Prozent zu senken. Bis zur Amtsübernahme am 1. März hat Batlle jetzt Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, woher er das Geld dafür nehmen will. Im Wahlkampf fiel ihm aber dann doch noch ein Vorschlag ein, wie er das Land aus der Krise führen kann: Mit Pferderennen will er auch außerhalb der Sommersaison Touristen ins Land locken. Ingo Malcher
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