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Das Netzwerk als zweite Chance

Regionale Innovationsverbünde sollen den Aufbau Ost endlich vorantreiben. Staatsminister Schwanitz bilanziert erste Erfolge des Innoregio-Programms, Bundestagspräsident Thierse fordert dagegen einen vorgezogenen Ausbau der Infrastruktur

von NICK REIMER

Wenn Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) gerade mal Zeit hat, greift er zum Stift. Gestern nutzte er die Vorstellung seines neuesten Buchs mit dem Titel „Zukunft Ost“ zu der Forderung, Milliardeninvestitionen in die ostdeutsche Infrastruktur vorzuziehen. „Die Gelder aus dem Solidarpakt II sind eine Grundlage, aber keine Lösung“, so Thierse. Der Osten brauche „eine zweite Chance“.

Während Thierse forderte, erklärte der zuständige Staatsminister „Aufbau Ost“, Rolf Schwanitz, im Kanzleramt, wie die Zukunft aussieht. Hoffnungsvoll nämlich. Oder „Innoregio“. So heißt das 500 Millionen Mark schwere Förderprogramm der Bundesregierung, das nun in seiner dritten Phase wirkt – in der Realisierung. „Das Programm ist ein strategisch neuer Ansatz, in den wir mit großer Kraft eingestiegen sind“, sagte Schwanitz. Lokale Unternehmen, so das Ziel, schließen sich mit Bildungs-, Forschungs- und Vermarktungseinrichtungen zu einem Innovationsnetz zusammen, das der Staat fördert.

In der Tat bescheinigen Wirtschaftswissenschaftler dem Ansatz gute Noten. „Im Idealfall bildet sich ein solches Netz über den Markt“, erläutert Ulrich Wurzel, Innovationsexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Im Osten seien die kleinen Betriebe aber oft überfordert, die vorhandenen Informationen zu nutzen. „Die Förderung ist ein Ansatz, sich zusammenzusetzen und Synergien herzustellen.“ So könnten etwa kleine Zulieferer des Zwickauer VW-Werks derart kooperieren, dass künftig nicht mehr jeder sein produziertes Karosserieteil anliefert, sondern das Netz eine komplette Karosserie. Wurzel: „Netzwerke ermöglichen Bietergemeinschaften, gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsarbeit, die Entwicklung neuer Ausbildungsinhalte, gemeinsame Präsentationen.“

Aus 445 eingereichten Projekten wählte das federführende Bundesforschungsministerium zunächst 23 aus. Diese werden bis 2006 jeweils mit bis zu 40 Millionen Mark bezuschusst. „Innovation braucht Entwicklungszeit und Testphasen, und kleine Einzelunternehmen können das oft nicht schultern“, erläuterte Schwanitz. Ihm gehe es darum, keine künstlichen Strukturen zu schaffen, sondern lokale, sich aufdrängende zu bilden. Der Nutzen? Schwanitz zitierte die Prognose zum Innoregio-Projekt Nukleus. Das in Parchim, Wismar und Rostock verankerte Netzwerk für Präzisionsmaschinenbau will durch Synergien in fünf Jahren den Umsatz verdoppeln. „Mit direkten Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt“, so Schwanitz: Die Mitarbeiterzahl werde von 920 auf 1.400 steigen.

Der große Wurf des oft stark kritisierten Staatsministers Ost? „Erfolg hat viele Väter“, so DIW-Experte Wurzel. Zweifelsfrei sei Schwanitz aber „ein wichtiger Motor“. Wie ihm denn das Buch seines Widersachers Thierse gefalle? Schwanitz: „Da steht sehr viel Kluges drin. Zum Beispiel, dass der Osten nur mit Innovation weiterkommt.“

www.innoregio.de,www.thierse-hat-recht.de

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