: Das Milliardenloch
■ Mit dem KOHLEPFENNIG auf Du und Du
Düsseldorf (dpa) - Um dem deutschen Steinkohlebergbau das Überleben im Kampf gegen billigere Kohle- und Heizölimporte zu ermöglichen, sicherte die Elektrizitätswirtschaft dem Bergbau 1980 vertraglich die Abnahme bestimmter Mengen zu. Das Vertragswerk, abgeschlossen über 15 Jahre, wurde schon bald wegen seiner enormen Bedeutung für die Reviere „Jahrhundertvertrag“ genannt. Der Vertrag sieht ferner eine Steigerung der Abnahmemengen von 39 Millionen Tonnen 1980 auf 45 Millionen Tonnen im Jahr 1995 vor.
Allerdings willigten die Stromerzeuger nur unter der Bedingung ein, daß ihnen durch den Kauf der teuren deutschen Kohle keine Mehrkosten enstehen dürften. Also wurden in einem, den Jahrhundertvertrag begleitenden, „Verstromungsgesetz“ die Verbraucher zur Kasse gebeten: Sie zahlen seitdem den „Kohlepfennig“. Bezogen auf ihre Stromrechnung müssen sie einen bestimmten Prozentsatz, derzeit 7,25 Prozent, zusätzlich überweisen.
Der Kohlepfennig fließt in den Ausgleichsfonds, der beim Bundesamt für Wirtschaft in Eschborn geführt wird. Im Durchschnitt zahlten die Bundesbürger während der vergangenen Jahre immerhin 4,7 Milliarden Mark jährlich. Aus diesem Fonds erhalten dann die Stromerzeuger den Ausgleich für die Mehrkosten, die ihnen durch die Abnahme der deutschen Steinkohle anstelle der billigeren Importenergien entstehen. Eine Tonne deutscher Steinkohle kostet zur Zeit über 260 Mark, Importkohle ist zum Teil schon unter 80 Mark je Tonne zu haben.
Darüber hinaus wird aber noch mehr aus dieser Kasse bezahlt: Die Elektrizitätswerke, die vom Bergbau „niederflüchtige Kohle“ abnehmen, erhalten dafür ebenfalls einen Ausgleich. Diese Anthrazitkohle ist schwer zu entfachen und erfordert daher einen höheren technischen Aufwand in den Kraftwerken. Schließlich wird noch der „Revierausgleich“ aus dem Fonds gezahlt. Damit wird den von Revier zu Revier unterschiedlichen Förderkosten Rechnung getragen. Als Basis dient der niedrige Preis der Ruhrkohle AG.
Das Bundesministerium für Wirtschaft hat nun vorgeschlagen, den Kohlepfennig auf 8,5 Prozent zu erhöhen und für die nächsten drei Jahre festzuschreiben. Der Ausgleichsfonds soll vom Revierausgleich sowie von den Zahlungen für den Einsatz niederflüchtiger Kohle entlastet werden - sehr zum Ärger der Revierländer Nordrhein-Westfalen und Saarland. Sie sollen den Revierausgleich übernehmen und sehen durch den Wegfall dieser Hilfen in den nächsten drei Jahren Mehrbelastungen in Höhe von 1,1 Milliarden Mark auf sich zukommen.
Der Bergbau soll die Kosten für die niederflüchtige Kohle in Höhe von 400 Millionen Mark nach der Vorstellung des Bonner Ministeriums selbst tragen. Der Ausgleichsfonds weist derzeit eine Deckungslücke aus, die nach Angaben des Bundesamtes selbst mit einem Zwei-Milliarden-Kredit nicht ganz ausgeglichen werden kann.
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