: Das Loch in der Tür
Was macht der Mann mit der Geige da? Er klettert, den Instrumentenkoffer im Arm, durch ein Loch in einer Wohnungstür. Seine Augen sind weit geöffnet, sein Blick verrät Vorfreude. Oder Furcht? Verlässt er den Raum womöglich rücklings, ist die Geige Diebesgut?
Die Geschichte hinter dem Foto der in Berlin lebenden Italienerin Elena Giampaoli erfährt man in der Ausstellung „Fremd sein“ der diesjährigen Abschlussklasse Reportagefotografie am Photocentrum der Kreuzberger Volkshochschule. Entstanden sind die Reportagen der elf Teilnehmer unter der Leitung von Ann-Christine Jansson.
Die gebürtige Schwedin hat lange selbst als Fotojournalistin und Bildredakteurin (auch bei der taz) gearbeitet. „Sehr spannend“ findet sie ihre Lehrtätigkeit am traditionsreichen Photocentrum: „Ich kann meine Erfahrung an sehr unterschiedliche Leute weitergeben. Sie lernen von mir und ich von ihnen.“ Janssons Schüler kommen aus vielen Ländern, haben verschiedene berufliche und persönliche Backgrounds. Manche Absolventen fassen erfolgreich Fuß im Reportage-Business, berichtet die Dozentin – stolz ist sie, dass auch der mittlerweile preisgekrönte Kai Löffelbein ihren Kurs belegte.
Das diesjährige Thema der Abschlussreportage, „Fremd sein“, haben die elf FotografInnen ganz unterschiedlich ausgeleuchtet – von einer Bildreihe aus dem Berliner Sikh-Tempel über die Situation der Menschen im ländlichen Kuba bis hin zu einem der sonderbarsten Berliner Events: das vom russischen Maler Nikolai Makarov jährlich veranstaltete Kakerlakenrennen.
Nicht gefremdelt haben Jansson und die Teilnehmer mit dem Kiez rund um den Ausstellungsort, wohl eine der unspektakulärsten Ecken Kreuzbergs: Hier werden die Bilder auch in etlichen Schaufenstern zu sehen sein, vom Fahrradladen bis zum Architekturbüro. CLP
„Fremd sein/Being Foreign“, 6.–22. Oktober im Salon Wellenmaschine, Wassertorstraße 62. Eröffnung: Dienstag, 5. Oktober 2017, 19 Uhr. photocentrum.de
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