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Archiv-Artikel

Das Kind will spielen

Fredua Koranteny Adu ist 14 – und die Zukunft des amerikanischen Fußballs. Manche sehen ihn ihm schon heute eine Art neuen Pelé. Bei der U20-WM in Abu Dhabi aber darf er vorerst nur mittrainieren

AUS ABU DHABI TOBIAS SCHÄCHTER

Zum Glück ist Freddy da. Sein Lachen strahlt selbst den protzigen Prunk des Armed Forces Officers Club von Abu Dhabi in Grund und Boden. Er ist nur 170 Zentimeter, die Streichholzbeinchen stecken in Badelatschen, dazu trägt er den Freizeitlook der US-Auswahl – und ein immer währendes, ansteckendes Lachen. Fredua Koranteny Adu ist der Goldjunge des amerikanischen Fußballs. Newsweek schrieb ihm „magische Füße“ zu, das Time Magazine glaubt, er könne der neue Pelé werden, sein Trainer, US-Coach Thomas Rongen, sagt: „Seine positive Einstellung ist wohltuend ansteckend.“ Ach so: Freddy Adu ist 14!

Vor zwei Wochen unterschrieb dieser Teenager in New York einen Vertrag mit der Major-League-Soccer, bei D.C. United wird er spielen. Dauer: sechs Jahre! Der amerikanische Fußballverband zelebrierte den Verbleib des Immigrantenkindes aus Ghana im Madison Square Garden vor über 150 Journalisten als Triumph über die großen europäischen Klubs von Manchester bis Mailand, die aggressiv um den Jungen gebuhlt hatten. Freddy Adu ist die große Hoffnung des US-Soccers. In ihm sehen sie im Land der unbegrenzten Möglichkeiten die Lokomotive, die Fußball in den USA endlich auf eine Ebene mit den traditionellen Sportarten hieven soll.

Die Lokomotive wiegt nur 70 Kilo, lacht und sagt: „Hey, Mann, über solche Dinge denke ich nicht nach.“ Das klingt naiv und ist – wenn es stimmt – doch der beste Schutz vor dem ganzen Hype, der um ihn gemacht wird. Freddy Adu ist trotzdem und vor allem noch ein Kind. Und das Kind will nur eins: Fußball spielen. Freddy lacht und sagt: „Ich liebe dieses Spiel. Ich liebe es wirklich, Mann.“

In Abu Dhabi, bei der U20-WM, darf er dennoch nur im Training ran. Coach Rongen, ein Holländer, der einst mit Gerd Müller in Fort Lauderdale spielte, sagt: „Freddys Anwesenheit beflügelt die anderen.“ Er sagt aber auch: „Ich werde ihn nicht verheizen.“ Wer also die Aussage von Ray Hudson, dem möglichen Coach von D.C. United, überprüfen will („Selbst ein Blinder auf einem galoppierenden Pferd erkennt sein Talent“), der muss schon zum Training kommen. Und wer ihn da spielen sieht, bekommt fast so große Augen wie Freddy selbst sie hat. Der beidfüßige Techniker besitzt ein einzigartiges Gefühl für dieses Spiel. Er trickst mühelos sechs Jahre ältere, körperlich viel reifere Burschen mit Finten aus, die man glaubt, noch nie gesehen zu haben. „Er ist einzigartig“, sagt Rongen – und Freddy lacht und sagt : „Hey, ich bin mit diesem Spiel aufgewachsen.“

Schon am Strand von Tema in Ghana dribbelte Freddy mit fünf, sechs Jahren barfuß dreimal so alten Freunden Knoten in die Beine. Als er acht war, ging die Familie in die USA, sie gewannen bei der Immigration Lottery ein Visum. „Ich wollte eine bessere Erziehung für meine Kinder“, sagt Emelia Adu, Freddys Mutter. Vater Maxwell lebt inzwischen getrennt von der Familie. Aber was mag diese resolute Frau jetzt denken? Der Vertrag bei D.C. United bringt ihrem Freddy mehrere 100.000 Dollar jährlich, und er unterschrieb einen Marketing-Deal mit Nike über eine Million. Und dennoch hat sich Mutter Adu, die bisher mit zwei Mini-Jobs Freddy und seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Fredu durchbrachte, durchgesetzt: Nächsten Februar macht Freddy vorzeitig seinen High-School-Abschluss. „Die Nähe zu meiner Familie, die in Maryland lebt, war der Grund, warum ich in den Staaten blieb“, sagt er. Im März erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft.

Seine Kollegen aus dem U20-Team der USA stehen erst am Anfang ihrer Karriere. Wenn Freddy so alt sein wird wie sie, hat er schon sechs knüppelharte Profijahre auf dem Buckel. Die Raubeine der Liga werden keine Lust haben, sich von einem Teenager lächerlich machen zu lassen. Hinzu kommen: die Pubertät! Das schnelle Geld! Die Erwartungen! Viele sind schon voreilig zu Pelés Nachfolgern hochgeschrieben worden. Thomas Rongen glaubt: „Freddy ist in der Lage durchzuhalten. Er steht mit beiden Beinen auf dem Boden.“ Und auch Freddy, der schon mit Alec Baldwin und Cindy Lauper bei David Letterman saß, wischt alle Bedenken beiseite: „Hey, Mann, ich will doch nur eins: spielen und besser werden.“

Und was ist dein Ziel, Freddy? Freddy, der Komet am amerikanischen Fußballhimmel, der bisher noch kein Profispiel bestritten hat, zögert keine Sekunde. Dann lacht er und sagt: „Ich will der Beste werden.“