: Das Karussell dreht sich wieder
■ Vor neuen Verschiebungen im europäischen Fernsehmarkt: Medienzar Rupert Murdoch will mit Frankreichs Canal+ einen Pay-TV-Giganten schmieden. Bertelsmann erwägt offenbar, sein Engagement beim Sender Premiere
Berlin (taz) – Es sollte die Zukunft des Fernsehens sein. Kaum ein europäischer TV-Konzern, der in den letzten Jahren nicht eine fehlgeschlagene „strategische Allianz“ mit diesem Ziel hinter sich gebracht hätte: in ganz Europa eine Kette von Bezahlfernsehsendern zu betreiben, die Sport- und Filmereignisse in der digitalen Zukunft nur noch gegen Extrageld ausstrahlen. Doch spätestens seit die EU-Kommission im letzten Sommer die deutschen Pay-TV Pläne der Konzerne Bertelsmann und Kirch vereitelt hat, herrscht etwas Katerstimmung bei den Konzernen.
Nun scheint sich wieder etwas zu tun: Der weltweit aktive Medienmogul Rupert Murdoch wolle mit seinem britischen Sender BSkyB einen Pay-TV-Giganten schmieden, berichtete gestern das Wall Street Journal. Zu diesem Zweck verhandele er mit den Chefs des französischen Pay-TV- Riesen Canal+ über eine Fusion. Zwar heißt es, die Gespräche seien bis dato nur vorbereitend. Lediglich daß es sie gibt, wollte man bei Canal+ bestätigen. Wenn dabei aber am Ende etwas herauskommt, würde auf einen Schlag ein übermächtiger Spieler in Europas Pay-TV entstehen. Das von Murdoch dominierte BSkyB hat fast 7 Millionen Abonnenten und nahm 1998 4,2 Milliarden Mark ein. Canal+, das vom französischen Netzkonzern Vivendi (ehemals CGE) gesteuert wird, ist äußerst erfolgreich in Frankreich, betreibt aber auch in zehn europäischen Ländern Dependancen.
Murdoch, der in Großbritannien, USA, Australien und Asien aktiv ist, versucht seit einiger Zeit, den europäischen Kontinent zu erobern. Ein Deal mit Canal+ würde ihm die Möglichkeit geben, Sport- und Filmrechte europaweit einzukaufen. Marktanalysten sehen jedoch auch Risiken: Die Unternehmenskulturen gelten als sehr unterschiedlich, auch unterscheiden sich die TV-Märkte stark. Zudem ist kaum zu erwarten, daß der EU- Kommissar Karel van Miert ein Zusammengehen der beiden stärksten Pay-TV-Spieler im durchgehen läßt. Aus seiner Behörde hieß es gestern vage unheildrohend, es gebe da „einige Fragen“.
Gleichzeitig mehren sich die Anzeichen, daß Bertelsmann sein Engagement beim Pay-TV-Sender Premiere aufgeben will und ihn seinem Partner Leo Kirch überläßt. Offiziell hieß es von Bertelsmanns TV-Tochter CLT-Ufa zwar weiterhin nur, man befinde sich mit Kirch „in Gesprächen über die Zukunft von Premiere“. Intern ist jedoch zu erfahren, daß diese Gespräche wieder intensiviert worden sind, nachdem monatelang Funkstille herrschte. Ein Verkauf an Kirch sei eine ernsthaft erwogene Option. Lutz Meier
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