: Das Herz schlägt matt
■ Michael Zorc ist melancholischer Held bei Dortmunds lahmem 1:0 über Schalke
Dortmund (taz) – Da konnte sich Michael Zorc noch so lange unter der Dusche verstecken, das Haar in Form legen und ordentlich sein Ränzlein packen, auch eine Stunde nach Spielschluß waren die Kameras noch geduldig in Stellung, die Recorder bereit und Stifte gezückt. Was blieb nach diesem verpaßten Drama auch, als auf die einzige Figur mit ein wenig Fallhöhe zu warten. So ganz unglücklich war Zorc auch nicht darüber, daß sein stilles Leiden ein vermutlich letztes Mal im Mittelpunkt des Interesses stand. „Über das Tor sollen sich die Leute freuen, die Vertrauen in mich haben“, sagte er weder trotzig noch triumphierend und meinte nicht seinen Trainer.
Ottmar Hitzfelds Entscheidung, seinen ehemaligen Kapitän selbst angesichts von neun verletzten Spielern gegen Schalke weiterhin auf die Ersatzbank zu bitten, war für Zorc eine Demütigung und bedeutete den Tiefpunkt nach 436 Spielen für Borussia Dortmund. Daß nun gerade er nach seiner Einwechslung in der Schlußviertelstunde noch für den völlig überraschenden Siegtreffer sorgte, war für ihn selbst nur ansatzweise tröstlich.
Die Dortmunder Fans mochten ihn ob dieses Tores feiern, die Schalker verfluchen, den Eindruck bleierner Langeweile konnte er nicht verwischen. So lau wie dieses Ruhrgebiets-Derby war schon lange keins mehr. „Von hinten sah es sehr schlecht aus“, meinte Dortmunds Torwart Stefan Klos. Der Eindruck war auch von der Tribüne kein anderer. Torchancen gab es wenige, raffinierte Spielzüge fast keine. Selbst die kämpferische Intensität blieb übersichtlich. Das Herz des Fußballs mag im Ruhrgebiet schlagen, am Samstag puckerte es an der Infarktgrenze.
Das Erreichen der europäischen Endspiele hatte auf beiden Seiten offensichtlich die Emotionen weitgehend aufgezehrt, die große Zahl der verletzten Spieler bei Borussia und die fehlenden Stürmer bei Schalke das Potential für Tore. In der Liste der Behinderungen hatte Schalkes Trainer Huub Stevens auch noch „den schlechten Platz“ ausgemacht, „und man sollte auch die Wärme nicht vergessen“. Da fehlte nur noch der Hinweis darauf, daß der Ball ein so verdammt tückisches Spielgerät ist, und die Füße doch völlig ungeeignet sind, um damit umzugehen. Christoph Biermann
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