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„Das Gute hat gesiegt! Das Gute hat gesiegt!“

■ Freiburg gewinnt auch ohne Holzen in Duisburg mit 2:0 und bleibt in der Liga

Duisburg (taz) – Vor vielen Jahren gab es im Kino einmal einen äußerst zweifelhaften Film mit dem Titel „Das ist Amerika“. Neben widerlichen Höhepunkten gab es auch eine sehr lustige Episode um einen kleinen, dicken Mann, der in eine Art Superman-Kostüm gekleidet das Böse bekämpfte. Er lauerte vor Rathäusern und Parlamenten, und wenn nun ein Politiker herauskam, drückte er ihm eine Torte ins Gesicht. Dann lief er jubelnd davon und rief: „Das Gute hat gesiegt! Das Gute hat gesiegt!“

Am Samstag im Wedaustadion siegte auch das Gute. Wirklich! Der SC Freiburg wird ein weiteres Jahr unsere Illusion nähren, daß Fußball fast ungetrübt schön sein kann. Da stand eine Mannschaft auf dem Platz, die auch im letzten, alles entscheidenden Spiel noch immer nicht verstanden hatte oder verstehen wollte, daß man im Abstiegskampf fies sein und holzen muß. So spielten sie, natürlich gehörig nervös, aber ganz ohne Hintergedanken und Arg einfach Fußball. Und kamen verrückterweise davon. Auch wenn ein entkräfteter und insgesamt derangiert wirkender MSV Duisburg diese Vorgehensweise kräftig unterstützte, hatte das allein wunderbare Züge.

Bejubelt wurden sie dabei von gut siebentausend mitgereisten Anhängern, die wohl verstanden hatten, daß es „in der Bundesliga mehr Spaß macht als in der zweiten Liga“, wie Volker Finke hinterher formulierte. Und diese Freiburger Jubler waren in ihrem Überschwang rührend unroutiniert. Da gab es keine Kollektiv-Choreographie, sondern jeder bastelte sich seine eigene kleine Freude zusammen. Wie etwa der etwas verspannte Mittdreißiger, der sich, als alle Fans auf den Platz gerannt waren, ungefähr an der Eckfahne in Position brachte. Voller Konzentration spannte er seinen Fan- Schal so, daß man auch lesen konnte, daß „SC Freiburg“ draufstand. Allerdings reckte er den Schal dabei nicht triumphierend in die Höhe, sondern hielt ihn vor der Brust. So stand er da und schaute ernst und erfüllt. Dann drückte seine Mutter endlich auf den Auslöser. Sind das die Typen, aus denen Superhelden werden?

Oder die Kicker selbst, denen „die Tränen in den Augen standen“. Augen, die beim einen oder anderen durch eifrigen Genuß von Sekt und Bier schon etwas glasig waren. Da schämt sich auch ein gestandener Bundesligaprofi wie Maximilian Heidenreich nicht, wenn die Mutti nicht weit ist, vor der Tür wartet und ihn mit dem Ruf „Mein Baby!“ in die Arme schließt. Es war halt so, daß „wir sowieso noch nicht verstanden haben, was passiert ist“, wie Mannschaftskapitän Martin Braun resümierte.

Nur der wirkliche Superheld des SC Freiburg, der Auserwählte unter den Trainern, der einzige, dessen Rede völlig unentfremdet ist, war im Siegestaumel blitzartig verschwunden. Er hatte sich zurückgezogen, um „einen Moment Ruhe zu haben“. Dann war er auch schon wieder vernünftig und lobte ganz antizyklisch den MSV Duisburg für seine „Supersaison“ und dafür, daß „sie es besser gemacht haben als wir“. Flugs wechselte er das Thema und warf sich für Linienrichter Jablonski in die Bresche, den Mann, der mit seinem falsch angezeigten Tor für das Wiederholungsspiel Bayern gegen Nürnberg gesorgt hatte und vom DFB für seine Fehlentscheidung aus der Bundesliga verbannt wurde. „Der Mann hat das gemacht, was ein guter Schiedsrichter tut. Er hat den Nürnbergern ein Abseitstor durchgehen lassen und damit schon im Spiel wieder für Gerechtigkeit gesorgt“, meinte Finke, polterte noch „unglaublich“ und „hier wird das schwächste Glied bestraft“. Schickt Torten nach Freiburg! Christoph Biermann

SC Freiburg: Schmadtke - Heidenreich - Spanring, Buric - Braun Zeyer, Kohl, Todt, Cardoso, Freund - Seretis

Zuschauer: 25.000

Tore: 0:1 Spanring (40.), 0:2 Zeyer (76.)

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