Das Gesicht des Niedergangs

Ohne weitere Anteilnahme der politischen Öffentlichkeit in Bremen ist Ex-Vulkan-Manager Friedrich Hennemann (SPD) im Alter von 84 Jahren gestorben

Die SPD hatte sich schon lange mit ihm überworfen Foto: dpa

Von Jan Zier

Friedrich Hennemann, der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Bremer Vulkan ist im Alter von 84 Jahren gestorben. Und obwohl er ein altgedienter Sozialdemokrat war und von 1973 bis 1987 stellvertretender Senator, zuerst im Gesundheits- dann im Wirtschaftsressort, blieben offizielle Beileidsbekundungen aus.

Denn sein Name ist untrennbar mit dem Niedergang des Bremer Vulkan verbunden. Von 1987 bis 1995 leitete der Arbeitersohn den Werftenverbund, der 1996 Insolvenz anmelden musste: Tausende Arbeitsplätze gingen dabei verloren. Ein langwieriges Verfahren wegen Untreue gegen ihn wurde aber 2010 eingestellt. Der Konzern hatte umgerechnet mindestens 435 Millionen Euro Subventionen zweckentfremdet, die für Tochterfirmen in Ostdeutschland bestimmt waren.

„Der Absturz des Vulkan war ein Lehrstück für das komplette Versagen eines viel zu schnell gewachsenen Unternehmens“, sagte der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel später. Interne und externe Kontrollen hätten versagt. Hennemann selbst wird mit den Worten zitiert: „Ich könnte leichter leben, wenn mir jemand seriös nachweisen würde, dass ich einen ernsthaften Fehler gemacht habe. Einen Fehler, der so wesentlich war, dass er zum Untergang beigetragen hat.“

Bereits 1983 hatte Bremen mit dem Niedergang der Traditionswerft AG Weser ein industriepolitisches Trauma erlitten. In der Folge wollte der SPD-geführte Senat die Vulkan-Werft um jeden Preis retten – mit Millionengeldern aus Steuermitteln und einem senatstreuen SPD-Beamten an der Konzernspitze.

Hennemann wollte den Vulkan zu einem globalen Technologiekonzern ausbauen. „Wir stehen vor einem ozeanischen Jahrhundert“, sagte er und kaufte Firmen in Bremerhaven, Wilhelmshaven und Mönchengladbach, dazu den Marineelektronik-Spezialisten Krupp Atlas, 1992 schließlich fast die gesamte ostdeutsche Werftindustrie.

PolitikerInnen und Bankenchefs, GewerkschafterInnen und JournalistInnen vertrauten ihm. „Wer nur wagte, das Vulkansystem zu kritisieren, galt als Landesverräter“, erinnert sich Hickel. Doch in Südostasien waren längst Überkapazitäten vor allem im Containerschiffbau entstanden – dieser Industriezweig war in Deutschland inzwischen chancenlos. „Die Zukunft lag in der Spezialisierung“, sagt Hickel.

1995 beginnt denn auch der Anfang vom Ende: Nach Liquiditätsproblemen tritt Hennemann auf Druck der Banken zurück, 1996 folgt der Konkurs. Später stellen Untersuchungsausschüsse fest: Subventionsmentalität, ein unüberschaubares Geflecht von Beteiligungen und mangelhafte Kontrolle hätten zum absehbaren Crash geführt. Das Unternehmen sei von Beginn an „substanzkrank“ gewesen.

Viele Vulkanesen jedoch fühlten sich als Betrogene, die von der Politik vergessen und verachtet werden, sagte der Bremer Medizinsoziologe Wolfgang Hien. (Mit Material von dpa)