: Das Geld fliest an die Küste
■ Konsequenz des Verfassungsgerichtsurteils zum Länderfinanzausgleich / 1,7 Milliarden für die Küstenländer / Strukturmaßnahmen wegen der Werftenkrise / Abbau von 10.000 Arbeitsplätzen geplant
Bonn (dpa) - Das Bundeskabinett hat am Mittwoch umfangreiche Hilfen für die Küstenländer Schleswig–Holstein, Niedersachsen, Bremen und Hamburg beschlossen, um angesichts der Werftenkrise in anderen Bereichen Investitionen und Ersatzarbeitsplätze zu fördern. Außerdem sollen Nordrhein–Westfalen und Bremen vor einer allgemeinen Änderung des Finanzausgleichs zwischen den reicheren und ärmeren Ländern ab 1987 mehr Mittel über ergänzende Zuweisungen des Bundes erhalten. Damit zog das Bundeskabinett erste Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juni dieses Jahres, das den Finanzausgleich in seiner jetzigen Form für verfassungswidrig erklärt hatte. Danach zahlt der Bund von seinen derzeit rund 1,7 Milliarden DM jährlicher Ergänzungszuweisungen, die für besonders finanzschwache Länder vorgesehen sind, ab dem nächsten Jahr 100 Millionen DM an Bremen und 75 Millionen DM an NRW. Bundesfinanzminister Gerhard Stoltenberg (CDU) machte in Bonn deutlich, daß dieser Nachteilsausgleich für die zurückliegenden Jahre bis 1983 noch nicht das endgültige Ergebnis bei den Bundesergänzungszuweisungen sei. Für Bremen zeichneten sich insgesamt 200 Millionen ab, und für NRW könnten es bis zu 100 Millionen DM werden. Welche Ansprüche sich künftig ergäben, sei eine „vollkommen offene Frage“. Bei den speziellen Hilfen für die Küstenländer geht die Bundesregierung weit über den ursprünglich geplanten Umfang hinaus. So sollen nicht nur 300 Millionen DM an Investitionshilfen gewährt werden, sondern auch 120 Millionen DM im Rahmen der Bund– Länder–Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Außerdem soll die Werften– und Reederhilfe flexibler gehandhabt werden. Stoltenberg und Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann (FDP) erklärten, die Maßnahmen des Bundes sollten die Anpassung der Wirtschaftsstruktur infolge der „internationalen“ Werftenkrise fördern und den Abbau der Schiffbaukapazitäten nicht behindern. Die neuen Maßnahmen, die keine Subventionen darstellten und befristet seien, entsprächen den Regeln der OECD und seien mit den EG–Bestimmungen vereinbar. Nach Angaben Bangemanns müssen noch 10.000 der 42.000 (Ende 1985) Arbeitsplätze abgebaut werden. Der Bundesfinanzminister forderte die Tarifpartner nachdrücklich auf, diesen Anpassungsprozeß zu unterstützen, um nicht durch überhöhte Branchenforderungen neue Probleme in der Küstenregion zu schaffen.
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