■ Das Europaparlament lässt die neue EU-Kommission passieren: Ein Zipfelchen Macht
Vor der entscheidenden Abstimmung ließ das Parlament noch einmal die Muskeln spielen: Konservative Abgeordnete drohten, die ganze Kommission über die Kritik am belgischen Kandidaten, dem Sozialisten Busquin, stolpern zu lassen. Und die Grünen hegten gar Zweifel an der Europatauglichkeit einiger Kandidaten, vermissten ein Bekenntnis Prodis zum Sozialstaat und das klare Versprechen, dem Parlament alle Kommissionsdokumente zugänglich zu machen. Am Ende jedoch plädierten vor allem die deutschen Grünen vehement dafür, die Kommission passieren zu lassen. Sie sorgten sich um das Schicksal ihrer Kandidatin Michaele Schreyer.
Am Morgen vor der Abstimmung dann der letzte Versuch, ein Zipfelchen von der Macht der vergangenen Wochen für die Zukunft festzuhalten. In einer parteiübergreifenden Resolution wurde Prodi aufgefordert, den Rücktritt eines Kommissionsmitglieds ernsthaft zu prüfen, wenn das Parlament sein mangelndes Vertrauen zum Ausdruck gebracht hat. Für eine stärker bindende Formulierung fehlte den Abgeordneten der Mut. Sie wissen, dass Prodi eine Einschränkung seiner Entscheidungsgewalt als Kommissionspräsident nicht akzeptiert hätte.
Das Abstimmungsergebnis überraschte am Ende niemanden mehr. Nun tritt Prodi mit vagen Versprechungen und Kommissaren, von denen einige schon jetzt dunkle Flecken auf der Weste haben, an. Das Parlament hat zuvor für etwas Wirbel gesorgt. Für mehr fehlte ihm die Kraft. Daniela Weingärtner
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