Das Ende von „Roche und Böhmermann“: Bis dass Erfolg euch scheidet
In der Talkshow „Roche und Böhmermann“ wurde geraucht, gesoffen und durcheinander geredet. Nun wird sie abgesetzt. Wegen interner Verstimmungen?
Das Erstaunlichste an der Talkshow „Roche und Böhmermann“ war, dass sie überhaupt ausgestrahlt wurde. Und dann auch noch im Öffentlich-Rechtlichen – auf ZDFkultur.
Eine Show, deren Studio wie aus einem Günter-Gaus-Setting der 60er geklaut wirkte. In der geraucht, Whiskey gesoffen, Viagra eingeworfen und telefoniert werden durfte. In der die Gäste schon im Einspielerfilm gepflegt durch den Kakao gezogen wurden. Und in der nur reden durfte, wer sich im darwinistischen Ringen um den größten Unterhaltungswert behauptet. Die Gastgeber Charlotte Roche und Jan Böhmermann wollten unterhalten – um fast jeden Preis. Das Ergebnis: die wohl intellektuellste Boulevard-Sendung, die sich das deutsche TV leisten konnte.
Funktioniert hat das nur wegen des Moderatorenduos: Die durch Bücher wie „Feuchtgebiete“ zur Bestsellerautorin gereifte 34-jährige Britin Charlotte Roche sorgte beim Start der Show im März 2012 für die nötige Aufmerksamkeit – und schaffte es dann, an ihre besten Interviewerinnen-Zeiten als Viva-Zwei-Pöbelgöre anzuknüpfen.
Ihr 31-jähriger Mitmoderator Jan Böhmermann hingegen war den Zuschauern zuvor allenfalls als Einspielerhampelmann bei der Harald-Schmidt-Show bekannt – wo er bereits die Peinlichkeitsfreiheit an den Tag legte, die auch seine Gesprächsführung im „Roche und Böhmermann“-Talk prägte.
Schlau-dreistes Duo
Die Kombination aus ansprechenden, teils auch überraschenden Gästen und diesem ungleichen schlau-dreisten Moderatorenduo machte „Roche und Böhmermann“ schnell zum Kritiker-Erfolg. Es gab zahlreiche positive Besprechungen. Die Produzenten der Sendung bekamen sogar den Deutschen Fernsehpreis – allerdings nicht das Moderatorenteam.
Genau das soll laut einem Bericht des Medienbranchendiensts dwdl zu Verstimmungen zwischen Roche auf der einen Seite und dem Produktionsteam sowie Böhmermann auf der anderen geführt haben. Und so hat das ZDF überraschend am Montag verkündet, dass „Roche und Böhmermann“ nicht fortgesetzt werden soll; dabei hieß es noch Ende letzten Jahres, es gebe eine neue Staffel.
Zwar wird am Mittwoch auch das Moderatorenduo vom medium magazin als Unterhaltungsjournalisten des Jahres ausgezeichnet. Aber das wird an dem Aus aller Wahrscheinlichkeit nach nichts mehr ändern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld