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Das Ding, das kommtWie von Geisterhand

Wenn ein verdienter Jazzmusiker zu malen anfängt, findet vielleicht nicht jeder das, was da herauskommt, auch sehenswert. Andererseits: Popstars oder beinahe Ebensolchen trauen wir ja auch zu, Bücher zu schreiben. Um die Kunst von Joachim Kühn soll es hier aber auch gar nicht gehen. Wenn der wiederholt mit dem „Echo Jazz“ Ausgezeichnete dieser Tage in Hamburg-Hammerbrook ausstellt, bekommt da auch der Klavierhersteller Steinway & Sons eine Bühne für „ein relativ neues Produkt“ – und das hat es in sich.

So alt wie die Musik, vermutlich, ist ja das Leiden der Komponierenden daran, wie ihr Komponiertes aufgeführt und eingespielt wird, von Musikern nämlich, die fehlbar sind oder mit begrenztem Talent gesegnet oder schlicht eigene Interpretations-Ideen haben. Eine Idee, damit umzugehen, hatte in den 1930er-Jahren der US-Amerikaner Conlon Nancarrow: Er komponierte zunehmend waghalsige Stücke fürs selbstspielende Klavier, ein zu jener Zeit ja eigentlich schon längst wieder aus der Mode gekommenes Kuriosum.

Speicherte man die Musik damals in Form gelöcherter Papierstreifen, geschieht das heute digital. Was immer genau also im „Spirio“ steckt, diesem im vergangenen Jahr erstmals präsentierten „selbstspielenden Flügel“: Die Bedienoberfläche liefert ein iPad. Und damit sind nun sozusagen letztgültige Einspielungen zu Hause wieder aufführbar – auf einem High-End-Instrument, statt bloß der Hi-Fi-Anlage. Etliche „Steinway Artists“, tönt es aus der Pressestelle, haben schon Stücke eingespielt, die ein „Spirio“-Kunde nun per Fingerwisch abrufen könne – „und schon spielt der Flügel wie von Geisterhand, als würden die Künstler selbst am Flügel sitzen“. ALDI

„Joachim Kühn – Schönheit und Wahrheit“. Vernissage: Mi, 10. 5., 19 Uhr, Hamburg, Fabrik der Künste; bis 21. 5.

Solo-Konzert: Do, 11. 5., 20 Uhr, verbindliche Reservierung von Karten überinfo@fabrikderkuenste.de

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