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Das Ding, das kommtJagd auf den Waldelefanten

Den Stoßzahn eines Waldelefanten haben Forscher im Braunkohletagebau im niedersächsischen Schöningen gefunden, zwei Meter lang und vollständig erhalten. Auf einem Knochen daneben fanden sich sogar Spuren von Schneidwerkzeugen Foto: dpa

Unsere Vorfahren waren zwar Barbaren – aber Schneid hatten sie! Dafür spricht ein Fund, den Archäologen jetzt in dem großen Braunkohletagebau in Schöningen bei Helmstedt entdeckt haben. In der Nähe eines ehemaligen Sees gruben sie den Stoßzahn eines Europäischen Waldelefanten aus: zwei Meter lang, mehr als 300.000 Jahre alt und vollständig erhalten.

Als sei das nicht genug, fanden sie in der Nähe einen Knochen des Tieres, auf dem sich Spuren von Schneidwerkzeugen fanden. Der Leiter des Forschungszentrums „Paläon“, Florian Westphal, wagte bereits die These: „Wir haben es hier mit der ältesten Elefantenjagd der Welt zu tun.“ Das Paläon zeigt die Funde des Tagebaus. Hier sind die „Schöninger Speere“ ausgestellt – die mit rund 300.000 Jahren ältesten bisher gefundenen hölzernen Jagdwaffen der Menschheit.

Nun hat Westphal natürlich ein Interesse, den Fund möglichst sensationell erscheinen zu lassen, um Besucher in sein raumschiffartiges Ausstellungszentrum zu locken. Doch die Vorstellung, unsere Vorfahren könnten das vier Meter hohe Riesenvieh mit ihren Speeren mit feuergehärterter Spitze erlegt haben, ist faszinierend.

Denn diese Kinderspeere konnten die dicke Haut der Großsäuger nicht ohne Weiteres durchdringen. Um diese zu erlegen, musste sich eine Gruppe von Jägern organisieren und die Tiere aus der Nähe angreifen. Ob diese Heldengeschichte stimmt, muss die Forschung allerdings erst noch zeigen. Es könnte auch sein, dass sich unsere Vorfahren schlicht am Aas des Elefanten gütlich getan haben.

Pferde jedenfalls haben diese frühen Menschen von Typ Homo Heidelbergiensis gejagt. Das legen die Speere und die in der gleichen Schicht in großer Zahl gefundenen Pferdeknochen nahe. Die Überreste des Elefanten, einer Art, die vor einigen Zehntausend Jahren ausgerottet wurde, sind ein paar Tausend Jahre älter.

Es könnte sein, dass sich unsere Vorfahren schlicht am Aas gütlich getan haben

Zu dieser Zeit gab es rund um Schöningen einen dichten Laub-Mischwald mit Eichen und Erlen. In den Flüssen und Seen tummelten sich Wasserbüffel. Bären, Wölfe, Säbelzahnkatzen und sogar Löwen streiften umher. Waldelefanten bahnten sich ihren Weg durchs Gehölz. Es war im Schnitt 1,5 Grad wärmer als heute. Gernot Knödler

bis 1.11., Paläon, 38364 Schöningen

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