Das Ding,das kommt: Ein Denkmal kommt weg
Sie dachten, sie könnten die Abrissbirne fernhalten: Die Initiative für den Erhalt der City-Hochhäuser organisierte Ausstellungen, Führungen, Kunstaktionen und all so etwas, nur um für die denkmalgeschützten 50er-Jahre-Bauten zu werben. Immerhin waren diese vier Gebäude die ersten Hochhäuser in der Hamburger Innenstadt nach dem Zweiten Weltkrieg. Erbaut vom selben Architekten, Adolph Klophaus, wie das benachbarte Kontorhausviertel, das seit Neuestem auf der Unesco-Welterbeliste steht. Genützt haben ihre Mühen aber nichts.
Seit die Finanzbehörde kürzlich den lnvestor, der sanieren und nicht abreißen wollte, aus dem Rennen warf, ist die Zukunft der elfstöckigen Hochhäuser klar: Denkmalschutz hin, Denkmalschutz her – weg damit! Der sanierungswillige Investor habe in seinem Angebot, so die Begründung, gegen die Vorgaben in der Ausschreibung eines städtebaulichen Wettbewerbs verstoßen.
„Wir gehen ebenso offensiv wie dekonstruktiv an die Sache heran. So können wir zumindest Hamburgs Ruf der Freien und Abrissstadt wahren“, schreibt die Initiative jetzt in ihrer Einladung zur Abrissparty. Sie wählen also das selbstbestimmte Ende mit Schrecken und wollen den „Tag des offenen Denkmals“ an diesem Sonntag nutzen, um selbst mit dem Abriss der Hochhäuser zu beginnen.
Alle sollen mit Bagger, Brecheisen oder Abrissbirne vorbeikommen und selbst Hand anlegen. Die besten Abrisse werden dokumentiert und prämiert. Hoffentlich spielt niemand das Musikvideo zu „Wrecking Ball“ von Miley Cirus nach, auf das als erstes stößt, wer im Netz nach Abrissbirnen sucht. Sie sitzt in dem Video nackt auf einer solchen herum, schwingt hin und her und räkelt sich.
Gesucht werden beim Abrisstag auch Vorschläge, welche Denkmäler in Hamburg als nächstes dran glauben sollen. „Der Trend geht zur Abrissbirne“, schreibt die Süddeutsche Zeitung zum Tag des offenen Denkmals. Bei den Entscheidungsträgern herrsche Abrissmentalität – „befeuert durch Rufe aus Teilen der Bevölkerung nach weniger statt mehr Denkmalpflege“. Ein Satz, der auf die City-Hochhäuser passt, wie die Abrissbirne ins Haus. Wurde doch vor allem argumentiert, dass die Häuser hässlich seien und darum weg könnten. Die Nachkriegsarchitektur hat eben noch nicht so einen Kultstatus wie das Kontorhausviertel und die 20er-Jahre. ILK
Abend des abgetragenen Denkmals: Sonntag, ab 18 Uhr, Klosterwall 2–8, Hamburg
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