■ Das Diepgen des Tages: Abflieger Jürgen Linde
Jürgen Linde ist nicht mehr, zumindest nicht mehr Chef der Potsdamer Staatskanzlei. Das ist Pech für den Mann, der gern paddeln geht auf den schönen Gewässern der Berliner Umgebung. Nun hat er das Ruder, pardon: das Paddel, abgegeben. Kaum vorstellbar ist, dass der 64-Lenze-Linde Chef eines der wichtigsten Aufsichtsräte der Region bleibt: dem der Projektplanungsgesellschaft Schönefeld (PPS), die für das Vergabeverfahren bei der Flughafenprivatisierung zuständig ist.
Die ging – wie bekannt – gründlich daneben. Da saß die Berliner Finanzsenatorin in einem einflussreichen Gremium, in dem sie nicht hätte sein dürfen; da fanden die Staatsanwälte bei der einen Firma vertrauliche Unterlagen der Konkurrenz; da konterte die Konkurrenz mit der Behauptung, auch die Konkurrenz habe versucht, mit unlauteren Mitteln den Zuschlag für sechs Milliarden-Projekt zu ergattern – kurz: ein ganz normales Großprojekt, ein ganz normaler Wirtschaftskrimi. Und Linde soll, darin sind sich Beobachter einig, keine Nebenrolle gespielt haben. Dennoch machte er, der eigentlich längst weg wollte, gute Miene zum bösen Spiel – bis die Wahlen zum Brandenburger Landtag vor einer Woche gelaufen waren. Grund: Er wollte Manfred Stolpes Wahlkampf nicht noch mit Personalquerelen zusätzlich belasten. Das freilich hätte sich der gebürtige Braunschweiger schon viel früher überlegen können. Denn irgendwie ist er mit den Brandenburgern nicht klar gekommen: Das größte Projekt seines Lebens, die Fusion von Berlin und Brandenbrug, scheiterte kläglich – an der Ablehnung der Bevölkerung zwischen Prignitz und Lausitz.
Auch als Brandenburger Tourismusmanager hatte Linde nicht immer ein glückliches Händchen: die Besucherzahlen stagnieren. Das aber liegt nicht wirklich an dem ehemaligen Oberstadtdirektor Gelsenkirchens. Wenn die Brandenburger keine Fremden mögen, wie sollen sie dann um Touris buhlen? Bouletten raus!, so ihr Slogan. Jürgen Linde weiß, dass damit nicht immer nur Berliner gemeint sind. Molly Bluhm
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