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■ Das Auge wird durch moderne Glasriesen verunsichertNie ohne Brillen und Tranquilizer

Mit ihrem deprimierenden Anblick erinnern die Städte von heute an einen Ideenfriedhof aus Beton und Glas. Unsere Augen lieben die Natur, wo die Zweige und Gräser unter Nichtachtung aller Regeln der Geometrie der Sonne zustreben. Das Angenehmste für die Augen aber ist, daß sie sich dort nicht an geraden Linien zu stoßen brauchen. Alle Objekte, deren wir in der Natur gleichzeitig ansichtig werden, sind verschieden weit von uns entfernt.

Die Architektur sei ein Spiel für die Augen, sagte einst der Architekt Konstantin Melnikow. Und bis vor nicht allzu langer Zeit liehen sich die Architekten viele Elemente ihrer Entwürfe bei Mütterchen Natur aus. Mit ihren runden Fensterchen, Portiken, Turmspielen und Basreliefs schmeicheln deshalb der Kreml, das GUM, das Historische Museum und die Kathedralen in Moskau unserem Auge.

Anders die Wunderwerke der modernen Technik – Wolkenkratzer und Glastürme. Auf einer nackten Wand können die Augen nicht herumhüpfen. Und deshalb können wir Städter partout nicht ohne Brillen und Tranquilizer auskommen. Versuchen Sie doch einmal, ihren Blick auf irgendeinen Punkt eines solchen Glasriesen zu fixieren. Wetten, daß Sie es nicht schaffen? Das Auge wird dabei verunsichert. Dies aber zerstört wahrscheinlich Ihren schwächlichen Organismus, um den es auch so schon nicht zum besten bestellt ist.

Entgegen der allgemeinen Annahme hat Kitsch noch niemanden krankgemacht. Gut für Ihre Gesundheit sind deshalb in Moskau die meisten Pavillons auf der Ausstellung „Errungenschaften der Völker der Sowjetunion“, dazu die Wolkenkratzer aus der Stalin-Zeit mit ihren Türmchen und Erkern. Äußerst gefährlich dagegen die Paneelkästen, der ganze Lenin-Gedenkpark. Wer einmal auf dem Oktjabr-Platz stand, war vermutlich in Versuchung, möglichst schnell von dort zu fliehen. Wassili Antonowitsch Filin

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