: Dan Quayles Dealer packt aus
Alles, was Sie schon immer über die geheimsten Bedürfnisse des US- Vizepräsidenten wissen wollten ■ Aus Washington Stefan Schaaf
Bisher deutet alles darauf hin, daß Dan Quayle am Montag, als die Wahlmännerkollegien in den 50 Hauptstädten der einzelnen US-Bundesstaaten zur Präsidenten- und Vizepräsidentenwahl zusammentraten, genug Stimmen bekommen hat, um sein Amt am 20.Januar 1989 antreten zu können.
Wenn die Geschichte, die Brett Kimberlin zu erzählen hat, von den amerikanischen Medien nicht unterschlagen worden wäre, sähe es allerdings womöglich anders um die Karriere des babygesichtigen republikanischen Senators aus, den Bush mit der Koordination des staatlichen „Krieges gegen Drogen“ beauftragen wollte.
Der 34jährige Brett Kimberlin sitzt seit zehn Jahren eine langjährige Haftstrafe im Bundesgefängnis von El Reno/Oklahoma ab, verurteilt hat man ihn wegen Marihuana -Schmuggels und mehrerer Bombenanschläge in Indianapolis. Kimberlin sagt, er habe Quayle 1971 während einer Studentenparty an der University of Indiana kennengelernt, bei der Dope geraucht worden sei. „Quayle fragte mich, ob ich etwas Marihuana zu verkaufen hätte. Mir kam das seltsam vor, denn er sah so 'straight‘ aus, aber ich gab ihm meine Telefonnummer“, sagt Kimberlin. „Wir knüpften eine Verbindung an, die 18 Monate hielt. In dieser Zeit verkaufte ich ihm etwa einmal pro Monat kleine Mengen Marihuana zum persönlichen Gebrauch. Er wurde mein Freund, war eine ziemlich gute Beziehung. Er zahlte immer bar.“ Als Dan Quayle 1972 heiratete, sagt Kimberlin, habe er ihm als Hochzeitsgeschenk ein Piece afghanisches Haschisch und etwas „Acapulco Gold“ geschenkt.
16 Jahre später wird Quayle, inmitten eines Sturms der Entrüstung über seine geschickte Umgehung des Kriegsdienstes in Vietnam, vom republikanischen Parteitag für die Vizepräsidentschaft nominiert. George Bush verspricht ebenso wie Michael Dukakis den totalen „War on Drugs“. In seiner ersten Debatte mit Dukakis fordert Bush die Strafverfolgung auch „von Marihuana-Benutzern“. Elf Jahre zuvor hatte sein Vize Quayle ganz andere Ansichten vertreten. In einer Zeitung seines Heimatstaats Indiana hatte der damalige Kongreßabgeordnete 1977 angeregt, man solle ernsthaft über die Entkriminalisierung des Besitzes von Marihuana nachdenken, die Strafen seien zu hart.
Nachdem eine Lokalzeitung aus El Reno, wo Kimberlin gegenwärtig einsitzt, wenige Tage vor der Wahl am 8.November über seine Aussagen berichtete, wurde die Knastleitung mit Interviewgesuchen aller wichtiger US-Medien überschwemmt. Man berief für sie eine Pressekonferenz ein, doch die wurde eine halbe Stunde vor dem anberaumten Termin abgesagt wegen, so hieß es, „unvorhergesehener Umstände“.
Kimberlin wanderte in strikte Einzelhaft. Es heißt, daß die Pressekonferenz von Washington aus, vom Direktor des landesweiten Gefängnissystems, abgesetzt wurde. Einen Tag später war Kimberlin wieder in seiner alten Zelle zurück, doch am nächsten Tag warf man ihn abermals in Einzelhaft eine Stunde, bevor er von einer Radio-Talkshow aus Los Angeles interviewt werden sollte.
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