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■ Italiens Verfassungsgericht will Gesetze verständlicher haben / „Bürgernähe“ gefordert / Unkenntnis schütze vor Strafe

Aus Rom Werner Raith

Mit einem in der modernen Rechtsentwicklung beispiellosen Spruch hat Italiens Verfassungsgericht für sein Land einen in nahezu allen Staaten geltenden Grundsatz abgeschafft: Unkenntnis in einer Strafnorm kann künftig sehr wohl vor Strafe schützen. Ihr Urteil stützen die Richter auf die Erkenntnis, daß es „bei der Bekanntgabe neuer Gesetze oder der Änderung alter Normen auch darauf ankommt, den betroffenen Bürgern klarzumachen, worum es geht“ - und daran hapere es mitunter massiv: „Manche Gesetze werden in ihren Auswirkungen nicht hinreichend dargestellt, andere in einer Form abgefaßt, daß der Bürger nicht erkennen kann, wieweit er von ihnen betroffen ist, manche widersprechen nicht nur dem Volksempfinden, sondern auch noch anderen Vorschriften - Italiens Gesetzgeber sind nun aufgerufen, Tausende von Gesetzesänderungen etc. „in Bürgernähe“ zu bringen. Ganz unumstritten ist der Spruch freilich nicht - Experten wie der ehemalige Untersuchungsrichter Violante fürchten bereits, daß am Ende „nicht die einfachen Leute Strafnachlaß wegen Nichtwissens bekommen werden, sondern gerade jene, die sich die teuersten Rechtsanwälte leisten und die über die Strafrechtsnorm in der Regel sowieso bestens informiert sind.“

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