Dänen planen in Schleswig-Holstein: Neue Grenzen für Europa
Dänemark will ab September in Schleswig-Holstein Grenzanlagen errichten. 2008 als Sicherheitsmaßnahme geplant, sollen sie nun auch für die im Juli begonnenen Grenzkontrollen genutzt werden.
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FLENSBURG/BERLIN afp/dpa/dapd | Der dänische Zoll will Teile einer Grenzanlage, die auch für die umstrittenen neuen Kontrollen innerhalb des Schengenraums genutzt werden soll, in Schleswig-Holstein errichten.
Wie der Direktor der dänischen Zollbehörde, Erling Andersen, dem Flensburger Tageblatt vom Dienstag sagte, sollen Baufirmen im September damit beginnen, vor dem Autobahnübergang Ellund elektronische Tafeln zur Geschwindigkeitsreduzierung, Stopplichter und Schranken zu installieren. Auf der dänischen Seite der Grenze soll der Verkehr demnach mit Tempo 40 auf eine asphaltierte Fläche geleitet werden, die noch aus der Zeit vor Dänemarks Beitritt zum Schengen-Raum stammt.
Mit einem Betriebsbeginn der Anlagen sei zum Jahresende zu rechnen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf die dänischen Straßenbaubehörden. Das Parlament in Kopenhagen habe die nötigen 1,43 Millionen Euro bereits im Jahr 2008 in den Haushalt eingestellt. Ziel sei, bei stichprobenartigen Kontrollen die Verkehrssicherheit zu erhöhen, erläuterte Zolldirektor Andersen.
Auch wenn die Entstehungsgeschichte nichts mit den im Juli begonnenen intensiveren Grenzkontrollen zu tun habe, werde die Technik "natürlich für die neue Form der Kontrollen genutzt". "Es ist klar, dass wir die Anlage darin einbeziehen", sagte Andersen.
Das Auswärtige Amt reagiert entrüstet, die EU besonnen
Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, die Ankündigung der dänischen Zollbehörden, in Kürze mit dem Bau der Anlagen zu beginnen, stoße auf "völliges Unverständnis". Den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder (CDU), zitierte das Flensburger Tageblatt mit den Worten: "Unabhängig davon, ob die Kontrollen am Ende so ausgestaltet werden, dass sie mit dem EU-Recht in Einklang stehen oder nicht, ist eine Verkehrslenkung, die Staus und Auffahrunfälle verhindert, vernünftig."
Brüssel stehe in engem Kontakt mit den dänischen Behörden, sagte die Sprecherin von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. Die EU arbeite daran sicherzustellen, dass die Schengen-Regeln respektiert würden. Die Bedenken bezüglich der Kompatibilität mit der Schengen-Vereinbarung blieben bestehen. Die EU-Kommission hatte die Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Dänemark nach einer ersten Prüfung vor Ort im Juli für unbegründet erklärt. Die Regierung in Kopenhagen will nach eigenen Angaben gegen illegale Einwanderung und Grenzkriminalität vorgehen.
Eine Sprecherin des Verkehrsministerium in Kiel bezeichnete die Pläne in dem Blatt als "einfache Verwaltungsgeschichte". Die Pläne für die Anlage sind mit dem schleswig-holsteinischen Landesbetrieb Straßenbau abgestimmt, wie der Leiter von dessen Flensburger Niederlassung, Karl-Heinz Roos, sagte. Juristische und technische Fragen hätten sich über Jahre hingezogen.
Dass die Umsetzung des Vertrags mit einer neuen politischen Situation zusammentreffe, sei Zufall. Niemand habe dies kommen sehen. In der Verwaltungsvereinbarung beider Seiten werde ausdrücklich auch das Schengener Abkommen als Grundlage genannt. Roos verwies darauf, dass nach dem Schengener Abkommen Sonderkontrollen möglich sind und in der Vergangenheit praktiziert wurden – etwa zur Fußball-WM oder anlässlich internationaler politischer Treffen.
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