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Dänemarks Militär will Buch verbietenSpezialeinsatz für die Pressefreiheit

Das dänische Militär möchte das Buch eines Soldaten über seinen Einsatz im Afghanistankrieg verbieten lassen. Eine Zeitung reagiert auf die drohende Zensur mit einem Vorabdruck.

Der ehemalige dänische Außenminister Niels Helveg Petersen liest im Parlament die Mittwochsausgabe von "Politiken" mit dem Abdruck des "Jäger"-Buches. Bild: ap

STOCKHOLM taz | "Wir sind eine Demokratie, auch wenn wir im Krieg sind. Und wir haben eine Informations- und Pressefreiheit, auch wenn es einigen nicht passt." So begründet Tøger Seidenfaden, Chefredakteur von Politiken, einen drastischen Schritt seiner Tageszeitung. Zusammen mit ihrer Mittwochausgabe verbreitete das liberale Kopenhagener Blatt den Abdruck eines Buchs, dessen Herausgabe das dänische Militär verbieten will.

Bevor ein Gericht am Donnerstag über einen entsprechenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Buchherausgabe entscheiden konnte, wollte Politiken das "Recht der Öffentlichkeit auf Information" durch die vorzeitige Veröffentlichung sichern, sagt Seidenfaden: "In einer Demokratie darf es kein Buchverbot geben. Das Militär hat nicht zu bestimmen, was wir lesen dürfen." "Jæger - I kamp med eliten", "Jäger - Im Kampf mit der Elite", heißt das Buch, dessen Herausgabe der dänische Verteidigungsminister und die Militärführung wegen angeblicher Bedrohung "der Sicherheit des Reichs" verhindern wollen. Geschrieben hat es Thomas Rathsack, ehemaliger Angehöriger der "Jägertruppe", einer - der deutschen KSK vergleichbaren - Elitetruppe des dänischen Militärs für "Spezialeinsätze". Über deren Aktivitäten die Öffentlichkeit in der Vergangenheit nur ausnahmsweise erfahren hat, sie unterliegen einer besonderen militärischen Geheimhaltung.

Rathsack, ein hoch dekorierter 42 Jahre alter Soldat, der als 23-Jähriger zu den "Jägern" kam, berichtet unter anderem über seine Einsätze im Kosovo, im Irak und in Afghanistan. Das Buch vermittelt ein heroisches Bild dieser Eliteeinheit und schildert die Gefahren ihrer Einsätze. Man erfährt, dass die "Jägertruppe" in der Vergangenheit wesentlich häufiger eingesetzt wurde, als bislang bekannt. Unter anderem wird die Zusammenarbeit mit Agenten in Afghanistan geschildert, ohne dabei aber Einzelheiten preiszugeben. Welcher Inhalt des Buches gegen die Sicherheit von Staat oder Militär verstoßen soll, ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich.

Auch für die meisten JournalistInnen, die vom Verlag vorab Rezensionsexemplare erhalten hatten, erschloss sich ein Sicherheitsproblem nicht. Der Journalistenverband kritisierte deshalb auch, als das militärische Oberkommando am Montag die Redaktionen aufforderte, die Exemplare nicht zu verwenden und keine Besprechungen des Buches zu veröffentlichen. Die Politiken-Redaktion bat die Militärführung um konkrete Mitteilung, welche Abschnitte des Buches geheimhaltungsbedürftig seien, weil sie eine Gefahr für dänische Soldaten in Afghanistan sein könnten - erhielt aber keine Antwort. Auf die Absicht, das Buch zu veröffentlichen, hatte man dabei allerdings nicht hingewiesen. "Einen allgemeinen Bezug auf die nationale Sicherheit können wir nicht akzeptieren", sagt der Politiken-Chefredakteur: "Einen konkreten Hinweis hätten wir selbstverständlich beachtet."

Sollte ein Gericht den Verrat militärischer Geheimnisse und eine Gefährdung der nationalen Sicherheit bejahen, drohen sowohl dem Buchverfasser wie dem verantwortlichen Herausgeber von Politiken Haftstrafen von bis zu acht Jahren.

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2 Kommentare

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  • J
    jas

    @ pekerst: Dann hast du wohl in der Schule nicht gelernt, wie Zitate formuliert werden.

    Hier wird nicht geschrieben, die Regierung hätte das Wort angeblich verwendet. Es wird nur "der Sicherheit des Reichs" zitiert.

  • P
    pekerst

    "... heißt das Buch, dessen Herausgabe der dänische Verteidigungsminister und die Militärführung wegen angeblicher Bedrohung 'der Sicherheit des Reichs' verhindern wollen."

     

    So etwas wird zwar immer wieder geschrieben, aber keine Regierung der Erde ist so dämlich zu sagen: "Wir wollen das Buch wegen angeblicher Bedrohung verbieten." Die "Angeblichkeit" der Bedrohung besteht aus der Sicht von Herrn Wolff, der deshalb schreiben dürfte, es handele sich um eine "von der Regierung behauptete Bedrohung, da diese, wie gesagt, nicht so dämlich ist, selbst zu erklären, diese gebe es gar nicht, nur "angeblich".