DURCH PRIVATISIERUNG WERDEN DIE DEUTSCHEN SCHULEN NICHT BESSER : Ökonomen ohne Logik
Schon wahr: Einer der Hauptgründe, warum deutsche Schulen so behäbig und unfreundlich sind, liegt in ihrer beinahe 100-prozentigen Staatlichkeit. Das Regiment in den Schulen führt die Schulaufsicht – und nicht Lehrer oder Rektoren. Die Kultusbürokratie belagert ihre Unterabteilungen fürsorglich mittels Stundentafeln und Lehrplänen. Kurz, eine Entstaatlichung täte den Lehranstalten gut. Nicht umsonst haben sich alle Schulen, die irgendetwas besonders Gutes an sich haben, dieses gegen die staatliche Schulaufsicht durchsetzen müssen. Ende der Veranstaltung, muss das Programm heißen, da hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) schon Recht.
Aber wundern muss man sich schon, was die Denkfabrik der Industrie nun als große Pisa-und-sonstige-Bildungskrisen-Bilanz publiziert: Privatisierung soll uns vor dem Bildungsnotstand bewahren. Die Weltökonomen aus Köln finden zum Beispiel den ganzen Bildungssektor unterfinanziert. Und sie wissen auch schon, wer das zusätzliche Geld aufbringen soll, um den pekuniären Rückstand auf Großbritannien, die USA oder Japan aufzuholen – Eltern, Schüler und Studenten. Was für eine ökonomische Logik: Ein Unternehmen, das eine miese Produktqualität aufweist, versucht ausgerechnet durch Preiserhöhungen den Markt zurückzuerobern!
Das Gutachten der Forscher der Wirtschaft besticht durch seine Grobschlächtigkeit. Was an Hochschulen gut sein kann, nämlich Studenten anhand von Interviews und Interessen selbst auszuwählen, gilt für Schulen noch lange nicht. Das aber fordert das IW, ohne ein Wort darüber zu verlieren, was das für ein gegliedertes Schulsystem bedeutet. Im besten Fall könnte sich ein Hauptschulrektor weigern, überhaupt Schüler aufzunehmen. Doch wahrscheinlicher ist, dass Gymnasien die rigide deutsche Auslese weiter auf die Spitze treiben. Wie das die Bildungsprobleme der deutschen Volkswirtschaft – eine schmale Spitze, viele Quasi-Analphabeten und große soziale Unterschiede – beheben soll, bleibt das Rätsel der Wirtschaftsforscher. CHRISTIAN FÜLLER